Mittwoch, 27. Oktober 2010

Die Heimat des Kokain

An diesem Hang wurden bis vor zwei Jahren Koka-Pflanzen angebaut.
Immer noch: Kolumbien ist ein Hauptexporteur von Kokain. Dabei hat der Staat den Kampf gegen die Drogen seit Jahren forciert. Mit beachtlichen Erfolgen. Und mit sichtbaren: Seit gestern bin ich zurück von meinem fünftägigen Urwald-Trip zur Ciudad Perdida. Dieser Trip  war zugleich ein Lehrpfad zur Drogenherstellung in Kolumbien - der Weg zur Ruinenstadt führt durch ein ehemaliges Koka-Anbaugebiet.

Auffällig sind auf den ersten zehn Kilometern des Weges vor allem die vielen Berghänge, auf denen nichts wächst. Außer Gras. Aber von Kühen oder anderem Vieh ist weit und breit nichts zu sehen. Weshalb der Urwald hier einst gerodet wurde, ist nicht ersichtlich. Die Erklärung gibt einer unserer Tour-Führer: Es handelt sich um ehemalige Anbauflächen für die Koka-Pflanze.

Auf Nachfrage bekommen wir am zweiten Tag unseres Trips in einem Camp die ganze Geschichte erzählt - von einem Einheimischen. Demnach haben gut 100 Familien in der Region viele Jahre vom Kokain-Anbau gelebt. Gut gelebt. Denn auch wenn vom Schwarzmarkt-Wert der Droge nur ein Bruchteil beim Erzeuger landete, so war der Anbau dennoch deutlich lukrativer als der anderer Pflanzen.

Ein Koka-Strauch
Ein willkommenes Zubrot kam bis vor zwei Jahren noch von Touristen auf dem Weg zur Ciudad Perdida: Gegen eine Art "Eintrittsgeld" in Höhe von umgerechnet rund zehn Euro wurde den Reisenden gezeigt, wie aus der Koka-Pflanze die Droge hergestellt wird. Ein überaus aufwändiger Prozess: Sechs Chemikalien - darunter auch hochexplosive und giftige - sowie eine mehrtägige komplizierte Prozedur sind nötig, um Kokain herzustellen.

Doch mit dem Geschäft war es bald vorbei: Unter den Touristen, die sich in der Drogenküche umschauten, war vor zwei Jahren - so bekamen wir es erzählt - auch eine Journalistin aus Bogotá, die die Story nach ihrer Rückkehr öffentlich machte. Titel: "Drogen-Tourismus im Dschungel".
Das war es dann: Das Militär rückte kurz danach mit rund 3000 Mann an und rupfte jede Planze mitsamt Wurzel aus der Erde. Seitdem sind die Berghänge weitgehend kahl. Vereinzelt sieht man zwar auch Kakao-Pflanzen, die als Ersatz hochgezogen wurden - aber die längst nicht so lukrativ sind. 

Trotzdem: Auf unserem weiteren Weg sehen wir tatsächlich vereinzelt wieder einige Koka-Sträucher wachsen - etwa bei einem Indianer-Dorf. Aber diese Pflanzen dienen wohl eher dem Eigengebrauch. Für kommerziellen Handel sind es nicht genügend. Das aber heißt freilich nicht, dass in Kolumbien kein Koka mehr angebaut würde. Die Produktion wurde lediglich in andere Landesteile verlegt, die noch schlechter zugänglich sind. Heißt: Bis der Staat das Drogenproblem unter Kontrolle bekommt, ist es noch ein weiter Weg. Buchstäblich.

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