Samstag, 31. Juli 2010

Friede meiner Asche


Wer meint, Gunther von Hagens Plastilin-Männchen seien ekelhaft, der soll mal nach Guanajuato kommen. Dort gibt es ein ganzes Museum, das ausschließlich zufällige Mumien ausstellt. Zufall deshalb, weil die Körper nach ihrem Ableben weder einbalsamiert, noch sonst irgendwie behandelt wurden. Die Toten wurden - wie seit Jahrhunderten üblich - einfach auf dem Friedhof beigesetzt. Problem: Wie schon beschrieben, ist Guanajuato ein Städtchen mit extrem viel Hanglagen. Der Friedhof ist klein und kann nicht erweitert werden. Deshalb werden seit 1865 alle Leichname, für deren Grab niemand mehr die Gebühr zahlt, exhumiert.

Und siehe da: Wegen des hohen Mineralgehalts des Bodens und der trockenen Luft verwesen die Leichen nicht - sondern werden ungeplant mumifiziert. "Dutzendware" wird - wie anderswo auch - verbrannt. Besonders "schöne" Leichen aber kommen ins Museum. Darunter versteht man etwa besonders ausgefallene Fratzen, extreme Verrenkungen oder ähnli
ches. So gibt es etwa die kleinste Mumie der Welt zu sehen (das Bild erspare ich Euch an dieser Stelle) oder auch schwangere Frauen. Und selbstverständlich gibt es im Museums-Shop jede Menge Souvenirs rund ums Thema...

Wie gesagt: Plastinate sind appetitlich dagegen. Das Abendessen habe ich heute mal ausfallen lassen. Dafür ist jetzt auch mein letzter Zweifel daran beseitigt, dass ich nach meinem letzten Mucks verbrannt werden will. Friede meiner Asche - statt Remmidemmi im Toten-Zoo!

Mittwoch, 28. Juli 2010

Drunter, nicht drüber

Ich bin wieder beweglich, juchu! Ich habe die neugewonnene Freiheit genutzt - und bin nach Guanajuato gefahren. Auch hier ist die Altstadt Weltkulturerbe. Und auch hier völlig zu Recht. Ein pitoreskes Städtchen, das in eine hügelige Landschaft hineingebaut wurde, nachdem in der Gegend Bodenschätze gefunden worden waren. Enge verwinkelte Gassen winden sich die Berge hoch, die Häuser stehen teilweise so dicht, das man von einem Balkon mühelos auf den gegenüberliegenden steigen kann.

Durchzogen ist die Stadt von einem Netz verschiedener Autotunnel. Teils in den Berg gehauen, teils im ausgetrockeneten Flussbett hinein- und überbaut, sorgen sie dafür, dass es im Ortskern mit den vielen kleinen Plazas so gemütlich zugeht wie vor 400 Jahren.
Der Verkehr geht drunter - nicht drüber.

Das Örtchen ist voll von Touristen, ein beliebtes Ausflugsziel bei Mexicanern. Allerdings sind kaum Ausländer zu sehen. Das muss ein Marketing-Problem sein: Es gibt in Mexico sooo viele bezaubernde Orte - aber die Touristen, die kommen, fahren fast alle ins langweilige Cancun. Wie auch immer: Ich werde auf jeden Fall noch ein paar Tage hier bleiben...

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Sonntag, 25. Juli 2010

Ich habe Aua

Im Reiseführer heißt es über den mehrstündigen Ausritt zum Vulkan: "Füße und Hintern werden wehtun". Es steht leider nicht drin, dass das mehrere Tage andauert. Ich kann kaum aufstehen, jede Bewegung schmerzt. Also mache ich Pause in Guadalajara - und bleibe drei Tage einfach im Bett liegen...

Heute fühle ich mich zum ersten Mal einigermaßen beweglich. Laufe ein wenig durch die Stadt. Besuche mit Christian einen Freund, der ein süßes Hörnchen als Haustier hat...

Mittwoch, 21. Juli 2010

Der Rest von San Juan

Heute folgt der Höhepunkt unserer Reise durch Michoacán. Wiederum per Pferd (nachdem ich ja gestern nicht runtergefallen bin) geht es zum Vulkan Paricutín. Der hat eine reichlich skurrile Geschichte: Bis 1943 war die Gegend plattes Land. Ein Bauer bestellte am 20. Februar gerade sein Feld, als die Erde zu zittern und beben begann und Funken und Rauch austraten - so berichtet es der Reiseführer Loneley Planet. Er versuchte erst, das Loch zuzuschütten. Doch das misslang, denn ein Vulkan hatte begonnen, aus dem Boden aufzusteigen. Der Bauer hat sich zum Glück rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Doch sein Feld war nicht mehr zu retten: Innerhalb eines Jahres wuchs der Vulkan auf 410 Meter Höhe.

Und die haben es in sich: Christian und ich mühen uns einigermaßen ab, um den Krater zu erreichen. Oben ein seltsames Schauspiel: Dampf aus den Spalten mischt sich mit Nebel, teilweise kann man seine eigene Hand kaum vor Augen sehen. Die Klamotten werden klamm, an den Haaren bilden sich Tau-Tropfen.

Nach dem Abstieg gehts im Galopp weiter - insgesamt dauert der Ausritt mehr als sechs Stunden. Wir kommen schließlich am Rande eines Lava-Feldes an. Dort gibt es eine skurrile Szenerie: In seinen Sturm- und Drangjahren hat der Vulkan nämlich auch ein paar Dörfer verschluckt. Von San Juan etwa ist nur ein Kirchturm übrig geblieben, der einsam aus der erkalteten Vulkan-Lava ragt. Er ist das einzige Überbleibsel der verschwundenen Dörfer.

Zum Abschluss des Tages gibts blaue Tortillas, gemacht aus blauem Mais. Wusste gar nicht, dass es das gibt. Zuerst dachte ich, die Dinger seien schimmelig. Tatsächlich haben sie gut geschmeckt...

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Dienstag, 20. Juli 2010

Uruapan

So viel Sport auf einmal... Gestern waren wir in Los Azufres in warmen Quellwasser baden, heute wird geritten. Eine Premiere! Schließlich habe ich seit mehr als 20 Jahren nicht mehr auf einem Gaul gesessen. Meine Reitkarriere endete seinerzeit abrupt, als meine Busenfreundin Andrea mich auf ihr Pony setzte und "Galopp" rief. Seit diesem Sturz habe ich mich auf keine Mähre gewagt. Entsprechend nervös bin ich diesmal. Zumal es steil nach unten geht: Wir reiten in ein Bachtal, in dem es einen herrlichen Wasserfall gibt. Doch für die Landschaft habe ich kein Auge und auch sonst keinen Sinn. Ich bin vollauf damit beschäftigt, nicht vom Pferd zu fallen. Es gelingt, ich bin glücklich!

Wir sind in Uruapan. Dort gibt es einen schönen, kleinen Nationalpark. Ein Bachlauf mit Dutzenden kleinen Wasserfällen - teils natürlich, teils gestaltet. Nach dem Ausritt schauen wir uns hier um. Dieser Flecken ist derart bezaubernd, dass sich der spanische Mönch Fray Juan de San Miguel seinerzeit hier niederließ - die Keimzelle der heutigen Stadt.

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Sonntag, 18. Juli 2010

Morelia

Heute morgen trennen sich Felizitas' und meine Wege. Sie fliegt von Chihuahua nach Mexico-City und reist von dort aus mit einer Bekannten weiter, ich fliege nach Guadalajara. Dort bin ich mit Christian verabredet, den ich in Puerto Vallarta kennen gelernt habe. Er ist Mexicaner, Zahnarzt und lebt in Guadalajara. Wir wollen für vier Tage durch Michoacán reisen. Manche sagen, dies sei der schönste Staat in Mexico.

Christians hat ein Auto: Klein und grün, Allrad - und der Tüv würde es sofort aus dem Verkehr ziehen. Nicht nur, weil alle rückwärtigen Scheiben undurchsichtig sind... Trotzdem fährt es uns in die Hauptstadt Morelia. Die Altstadt ist Unesco-Weltkulturerbe, weil sie beinahe vollständig erhalten ist (Foto oben). Fast eine Zeitreise.


Drei Stunden schauen wir uns um, dann haben wir Hunger. Es geht zum Japaner. Dort bestätigt sich, was ich schon ahnte: Die Mexicaner norden wirklich jedes Essen geschmacklich durch Limonensaft und Jalapeños (kleine, scharfe Paprikas) ein. Nippons Küchenmeister mag es grausen, den Mexicanern schmeckt`s auch mit Sushi...

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Samstag, 17. Juli 2010

Chihuahua


Chihuahua klingt staubig - ist es aber nicht. Zumindest gerade nicht. In Mexico ist Regenzeit, und ein bisschen davon ist offenbar auch hier angekommen. Ansonsten ist die Stadt mäßig schön. Kein Muss, aber auch kein Schade, hier zu sein. Wir sind sowieso nur auf der Durchreise.... Meine subjektiven Top 3:
  1. Hauptstadt der Cowboy-Stiefel. Ob zart-rosé für den schwulen Cowbow, kräftig-lila für die Kampf-Lesbe in Leder oder Kindergrößen für den Nachwuchs - in der Stadt reiht sich ein Stiefel-Shop an den anderen. Größer, hässlicher, billiger, alles ist möglich. Wenn's schee macht...

  2. Sotol, die hochprozentige National-Spritituose von Chihuahua. Schmeckt besser als jeder Tequilla - und sogar mir. Der Geschmack brennt sogar noch nach zwei nachgespülten Bieren in der Kehle nach!

  3. Gefängnis-Turm im Museum. Im Keller eines Turms, der zu einer früheren Jesuiten-Schule gehörte, erlebte Mexicos Nationalheld Miguel Hidalgo seine letzten Stunden, bevor er 1811 in Chihuahua hingerichtet wurde. Der Turm blieb als Erinnerung an die Ereignisse stehen, derweil mehrere Gebäude um ihn herum neu gebaut - und wieder abgerissen wurden. Heute ist der Turm in ein Museum integriert. Von außen nicht erkennbar, von innen einigermaßen gruselig.

Donnerstag, 15. Juli 2010

Wie aus Penissen Mönche werden


Heute leihen wir uns Fahrräder aus, um die Umgebung von Creel zu erkunden. Erst geht es ins Tal der Pilze, das nach skurrilen Felsformationen benannt ist (Foto unten).


Gleiches gilt für das Tal der Frösche und unser nächstes Ziel. Bisabírachi heißt der Ort in der Sprache der einheimischen Tarahumara. Übersetzt heißt das: "Tal der aufrechten Penisse" - eine Assoziation, die tatsächlich nicht ganz fern liegt (Foto rechts).

Den spani
schen Eroberer war das wohl zu schlüpfrig, jedenfalls haben sie daraus das "Valle de los Monjes", also das "Tal der Mönche", gemacht. Hm, passt ja auch irgendwie zusammen...

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ung von Creel

Mittwoch, 14. Juli 2010

Cascada de Basaseachi

Felizitas und ich schlagen unser "Lager" in Creel auf, einem kleinen Ort in der Nähe des Copper Canyons, der seine Existenz der Eisenbahn verdankt - und daher auch nach dem Mann benannt ist, der deren Bau initiiert hat. Die Menschen hier leben vom Tourismus, der allerdings zurzeit nicht besonders gut läuft. Ein Grund könnte die Reisewarnung sein, die die USA für den nördlichen Teil Mexicos angeblich herausgegeben haben. Völlig übertrieben, schließlich haben die rivalisierenden Drogenbanden in der Regel keine Touristen im Visier. Und insbesondere Creel wirkt eher verschnarcht... Nun denn, wir haben die Auswahl zwischen diversen Hostels. Wir entscheiden uns für das "La Posada", in dem es augenscheinlich keine anderen Gäste gibt. Dafür einen Herbergsvater mit einer bemerkenswert grenzdebilen Lache, ansonsten aber durchaus nett.

Problem des Gästemangels: Viele Touren werden nur bei einer Mindest-Teilnehmerzahl durchgeführt. Wir haben Glück und können uns heute vier Mexicanern anschließen, die zum Cascada de Basaseachi fahren. 246 Meter stürzt das Wasser dort in die Tiefe. Der größte Wasserfalls Mexicos. Wir steigen die Schlucht auf einer Seite hinab - und auf der anderen wieder hoch. Als Nichtraucher ist das natürlich kein Problem für mich! :-)

Auf dem Rückweg überfahren wir beinahe eine Tarantula. Mit gebührendem Abstand fotografieren wir sie - allerdings hat sie offenbar mehr Angst vor uns als wir vor ihr. Eilig krabbelt sie ins Unterholz.

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Dienstag, 13. Juli 2010

Blümchenpflück-Express

Das Glück ist mit den Dummen: Ich will nach Los Mochis, dort startet der Zug in den Copper Canyon. Doch mein Nachtbus aus Mazatlán hat gut eine Stunde Verpätung. Ich werde leicht nervös, denn zum Umsteigen habe ich nur eine Stunde Zeit. Verpasse ich den Zug, muss ich mindestens einen Tag warten. Es ist noch dunkel, als ich mit fliegenden Fahnen per Taxi den Bahnhof erreiche. Und siehe da: Der Zug hat auch eine Stunde Verspätung...

Glücklich sitze ich also im Zug, in froher Erwartung spektakulärer Aussichten. Dort lerne ich Felizitas kennen. Eine angehende Chirurgin aus Oldenburg. Sie klärt mich darüber auf, dass es auch innerhalb Mexicos verschiedenene Zeitzonen gibt. Heißt: Bus und Bahn waren pünktlich, nur ich war zwei Tage lang in der falschen Zeit unterwegs. Dumm gelaufen - und doch Glück gehabt...

Der Zug durch den Copper Canyon - ein echter Blümchenpflück-Express - ist übrigens in der Tat ein echtes Highlight. Auf rumpeligen Schienen geht es über Berge und durch Täler. Spektakulär!

Foto oben: Aussicht aus dem Zugfenster, Foto unten: Felizitas, die heute 27 geworden ist. Wir haben - wie sich das für Deutsche gehört - mit einem Bier angestoßen. Prost!

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Montag, 12. Juli 2010

Mazatlán


Auf dem Weg zum Copper Canyon mache ich Station in Mazatlán. Großstadt am Pazifik, beliebtes Urlaubsziel für Mexikaner (gerade sind Sommerferien). Andere Touris sind nicht zu sehen. Highlights des Tages:
  1. Die Turmspringer von Mazatlán. Sie stürzen sich zur Belustigung des Publikums von einer Klippe ins Meer. Sieht elegant aus. Aber auch gefährlich! Hinterher wird Geld von den Zuschauern eingesammelt. Auch eine Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

  2. Endspiel gucken in ner Sport-Kneipe für Torreros - Aug' in Aug' mit Schweini (dessen Namen noch kein mexikanischer Moderator korrekt ausgesprochen hat) und nem ausgestopften Stierkopf an derWand. Goooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooool! Und das Spiel ist aus...

  3. Ich stelle fest, dass meine Zahnseide nach kaltem Tabakrauch riecht. Dabei habe ich sie schon vor zwei Monaten gekauft, wenige Tage vor meiner letzten Zigarette.
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Sonntag, 11. Juli 2010

Jetzt geht's los


Jetzt sind seit Abflug aus Deutschland schon fast zwei Monate vergangen, aber erst jetzt geht's richtig los... Zwei Wochen in San Francisco (cool und kalt), ein paar Tage in Mexico-City und dann fünf Wochen Sprachschule in Puerto Vallarta - das hatte mit ner Rucksack-Weltreise nicht viel zu tun. Aber jetzt ist es so weit. Das Bündel mit meinen Siebensachen (wiegt schlappe 18 Kilo) ist geschnürt. Mit meinen frisch erworbenen Spanischkenntnissen (bringen leider noch nicht viel auf die Waage) will ich mich in den nächsten Monaten durch Zentral- und Lateinamerika radebrechen. Tomarse la libertad!

Bilder aus San Francisco
Bilder aus Mexico-City
Bilder aus Puerto Vallarta