Sonntag, 8. Mai 2011

Das war's

Typische Reise-Szene: Stillleben mit Habseligkeiten.
Aus und vorbei. Ein Jahr kreuz und quer durch die Welt - und am Ende bin ich dort wieder angekommen, wo ich herkomme: Im Schoße der Familie. Alle waren sie da am Frankfurter Flughafen, um mich abzuholen. Ein rührseliger Moment. Schließlich ist auch in der Heimat die Zeit nicht stehen geblieben. Es gibt eine neue Nichte, ein neues Ehepaar, ein neues Haus und und und...

Ein paar Tage akklimatisiere ich mich im Hessischen, bevor es zurück nach Düsseldorf geht. Dann ist die Reise endgültig vorbei. Was bleibt? Schwer zu sagen, das werde ich wohl erst später sagen können. Oft bin ich gefragt worden, ob und wie mich das Jahr verändert hat. Meine Antwort lautet: gar nicht. Ich bin immer noch derselbe.

Was sich verändert hat, ist die Perspektive, aus der ich die Welt sehe. Vieles relativiert sich, wirkt längst nicht mehr so wichtig und bedeutend. Meine ohnehin schon vorhandene Allergie gegen Blender und Schwätzer hat sich noch vergrößert. Und ich staune darüber, wie viele Lügen und Wahrheiten offensichtlich sind - und wie viele Menschen sie trotzdem nicht sehen.

Längst habe ich mir vorgenommen, meine Kollegen künftig mindestens täglich einmal mit Geschichten zu nerven von der Sorte: "Als wir damals vor Madagaskar lagen und die Pest an Bord hatten, da haben wir immer..." Aber so sehr sich die Kollegen sicher schon darauf freuen: Das war nicht der Grund für die Reise. Tatsächlich ist es die Abwandlung eines alten Kindertraums. Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, habe ich mir oft vorgestellt, wie spannend es wohl sein mag, wenn man auf der ganzen Welt jederzeit in jedes Wohnzimmer schauen könnte. Und wie lange die Neugier wohl anhält, bevor es langweilig wird.

Nun, ich habe natürlich längst nicht alle Wohnzimmer geschafft. Aber zumindest bin ich bei dieser Tour nie reisemüde geworden. Kein Heimweh, kein Bedürfnis nach dem eigenen Bett, kein Angang, den Rucksack immer wieder neu zu packen. Stattdessen zieht die Neugier immer weiter, weiter und weiter...

Ob ich eine solche Reise noch einmal mache? Sicherlich nicht so bald, schon aus finanziellen Gründen. Aber so lange es noch ein Wohnzimmer gibt, das ich nicht kenne, werde ich nicht Nie sagen!

Tomarse la libertad. Sich die Freiheit nehmen.

WAS SONST NOCH WAR
Nicaraguanische Limpira.

Zurückgelegte Kilometer:
Mindestens 100 000

Anzahl der Flüge:
20 (davon zehn im Round-the-world-Ticket inbegriffen)

Währungen, deren Namen ich mir nicht merken konnte:
Renminbi (China)
Quetzal (Guatemala)
Kip (Laos)
Limpira (Nicaragua)
Ringgit (Malaysia)

Anzahl der besuchten Länder:
23

Zahl der Fotos und Videos:
Ungezählt, das Volumen umfasst nahezu 100 Gigabyte

Verfügbares Geld bei Rückflug (bar und Kreditkarte):
76,50 Euro

Rucksack-Gewicht bei Abreise: 14,5 Kilo
Rucksack-Höchstgewicht: 23 Kilo
Rucksack-Gewicht bei Rückreise: 19,1 Kilo

Was ich zum ersten Mal gemacht habe:
- Spanisch sprechen
- per Zip-Line (eine Art Tarzanbahn) mit mächtig Karacho über ganze Täler hinwegrauschen
- Tauchen
- als zweiter Mann auf einem Motorroller mitfahren
- als zweiter Mann mit aufgeschnalltem 20-Kilo-Rucksack auf einem Motorroller mitfahren
- als dritter Mann auf einem Motorroller mitfahren
- Reiten
- Vulcanoboarding
- für immer mit dem Rauchen aufhören

Zahl der besuchten Unesco-Weltkulturerbe-Stätten:
29

Zahl der Arzt-Besuche:
1 (Zahnarzt)

Ausgegebenes Geld seit 1. Mai 2010:
mehr als 30 000 Euro

Lieblings-Beispielsatz in der Spanisch-Lernsoftware:
"Baumwollunterhosen sind billig."
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Adios! ;-)

Dienstag, 26. April 2011

Kalter Krieg mit Kirmes

Grenzwertig: Tourismus an der innerkoreanischen Grenze. Der Tisch steht exakt auf der Demarkationslinie.
Massen-Tourismus zur innerkoreanischen Grenze? So was kann eigentlich nur hochnotpeinlich sein. In diesem Bewusstsein habe ich die Tour gebucht. Kann man in Korea gewesen sein, ohne mal in den Norden geguckt zu haben? Das wäre wie ein Berlin-Besuch ohne Mauerbesichtigung! Also blättere ich umgerechnet rund 80 Euro auf den Tisch für den  Ganztages-Ausflug zum Kalten Krieg.

Den gibt's in Korea mit Kirmes.  Bei unserem ersten Stopp steigen wir zunächstmal in eine kleine Einschienenbahn um. Zu fünfzigst fahren wir unter die Erde. Es geht durch einen kleinen Zubringertunnel, dekoriert mit grünen Lichterketten, der uns zur eigentlichen Hauptattraktion bringen soll. "Wie Achterbahn, muss nur mal jemand die Bremsen lösen", fordert ein deutscher Teenager lautstark.

Fast wie Kirmes: Fahrt in den dritten Tunnel.
Volksfeststimmung im Grenzgebiet.
Unser Ziel ist der so genannte "Dritte Tunnel". Er wurde von den Nordkoreanern Anfang der 70er unter der Grenze hindurchgegraben, um im Kriegsfall rasch unbemerkt Soldaten in den Süden bringen zu können. Es war der dritte Tunnel dieser Art, der entdeckt wurde, daher der Name. Einige hundert Meter dürfen wir in gebückter Haltung hindurch gehen. Dann erreichen wir eine Stacheldrahtbarriere, die den unterirdischen Weg in den Norden versperrt. Sie ist mit einer roten Lichterkette verziert.

Danach geht es Schlag auf Schlag weiter: Von einem Hügel aus können wir nach Nord-Korea gucken. Meine Mit-Reisenden machen Fotos, bei denen sie in die Kamera grinsen. Gerne machen sie dabei das Victory-Zeichen. ich würde mich gerne fremdschämen. Aber wem gegenüber?

Dann fahren wir zu einem Geisterbahnhof, der einst als Startbahnhof in Richtung Norden gebaut wurde. Ein Symbol der Hoffnung. Süd-Koreas ehemaliger Ex-Präsident Kim Dae-jung hat vor elf Jahren den Nobelpreis für seine Sonnenscheinpolitik gegenüber dem Norden bekommen. Die Station ist ein Geisterbahnhof geblieben.

Und dann gibt's tatsächlich eine echte Kirmes. Ganz in der Nähe der Grenze. Dort, wo die Busladungen in großen Restaurants abgefüttert werden. Mehrere bunt blinkende Fahrgeschäfte stehen dort. Volksfeststimmung im Grenzgebiet, eine abseitige Idee. Von unserer Gruppe fährt allerdings niemand mit, dafür ist die Mittagspause viel zu knapp berechnet. Die Karrussels sind leer. Was die Szenerie nur noch absurder macht.

Tarnanzüge für Kids im Souvenir-Shop
Vollends skurril wird die Veranstaltung aber erst nach dem Mittagessen. Wir besuchen die  Joint Security Area (JSA), ein neutrales Gebiet - genau auf der Grenze -, wo die beiden Staaten Verhandlungen führen. Wenn sie sich denn gerade mal was zu sagen haben. Ansonsten sind hier Touristen unterwegs.

In der Hauptbaracke gibt es zwei Türen. Eine nach Norden, eine nach Süden. Bringt der Norden Touristen her, bewachen Soldaten der Volksarmee die Tür nach Süden - und in unserem Fall umgekehrt. Mitten durch den Raum verläuft die Demarkationslinie. Es darf fotografiert werden. Es gibt ein heilloses Durcheinander: Jeder will mal auf die Nordseite. Alle wollen fotografieren. Die Soldaten sind ein beliebtes Motiv. Man stellt sich an die Seite, lächelt in die Kamera - und baut sich auch in irgendwelchen Posen auf. Daneben.


Schätzungsweise vier Millionen Menschen sind durch den Korea-Krieg gestorben, davon drei Millionen Zivilisten. Im Souvenir-Shop des benachbarten Camp Bonifas, Ausgangspunkt der Tour in die JSA, gibt es Tarnanzüge für Kinder zu kaufen. Ob sie auch schick aussehen, kann man an 1,20 Meter großen Schaufensterpuppen sehen. 

Das war es dann.

Morgen geht es heim nach Deutschland.

Sonntag, 24. April 2011

Mädchen-Schwarm

Gentleman bei der Arbeit: Zum Schluss machen wir noch Erinnerungsfotos.
Ich warte auf die U-Bahn. Es ist Freitag, früher Nachmittag in Busan, Koreas zweitgrößter Stadt. Abwesend stiere ich übers Gleis auf die Wand. Da spricht mich von hinten jemand an. "Where are you from", fragt die Stimme eines Mädchens. Ich drehe mich um und stehe vor mindestens 20 koreanischen Backfischen, die mich gespannt anschauen. "From germany", antworte ich etwas irritiert. Als hätte ich einen Witz erzählt, entlädt sich die Spannung der Gruppe in lautem, überschwänglichem Gekicher. Zahnspangen blitzen auf, ein Mädchen malt eine große Nase in die Luft. Das soll wohl meine sein...

Ich kann es kaum fassen: Ich bin in eine Ladung pubertierender Mädels aus der Provinz geraten. Die nehmen alles Englisch und ihren ganzen Mut zusammen - und fangen an, mich mit Fragen zu löchern. Was ich in Korea mache, wo ich schon war, wie es mir gefällt. Auch nachdem wir in die U-Bahn eingestiegen sind, bleibe ich umringt von diversen Prinz-Eisenherz-Frisuren, die für 14-Jährige hierzulande offenbar die einzig adäquate Variante sind.

Wohn-Silos zwischen grünen Hügeln: Das ist Busan.
Das Gespräch funktioniert so: Erst stecken einige der Mädchen die Köpfe zusammen und tuscheln ein wenig, dabei wird offenbar die Frage per Gruppenarbeit in verständliches Englisch übertragen. Das Ergebnis wird dann von einem der Mädchen vorgetragen, wobei die Wissbegier immer spezieller wird. Wie ich Avril Lavigne finde (von der ich gerade noch weiß, dass sie singt), welche koreanische Sänger ich am besten finde (da kann ich nicht mal aus Freundlichkeit lügen) oder ob ich ihre Lehrerin hübsch finde (Wie bitte???) und wo ich überhaupt hin will (worauf ich feststelle, dass ich in der völlig falschen Bahn sitze).

Umgekehrt erfahre ich, dass es sich um eine Schulklasse handelt, die auf Klassenausflug ist. Und dass die Mädchen aus einem Ort stammen, der eine Stunde von Busan entfernt ist (und offenbar so weit vom Schuss, dass es dort keine Fremden gibt). Und dass die Teenager jetzt in eine Shoppingmall fahren, bevor es wieder nach Hause geht. Dann machen wir noch rasch ein paar Erinnerungsfotos, bevor meine neuen Freundinnen aussteigen müssen. Sie bedanken sich artig und eine ruft mir sogar zu: "You are really a gentlemen!" Woraufhin der Schwarm kichernder Mädchen verschwindet. Wow! Ich als Mädchen-Schwarm, wer hätte das gedacht...

WAS SONST NOCH WAR

Einlochen statt Einkaufen. Ich dachte, der Shopping-Center-Wahnsinn in Singapur und Malaysia sei nicht mehr zu steigern - und werde in Busan eines Besseren belehrt. Hier gibt es die angeblich größte Einkaufs-Mall der Welt. Sie enthält nicht nur eine Eislaufbahn und einen Park auf dem Dach, sondern auch einen kompletten Golf-Parcour, verteilt auf die Etagen neun bis zwölf. Einlochen statt einkaufen, auch nicht schlecht! 

Zum Abschlagen: Golf-Übungsplatz mit Auffangnetz.

Abschlag üben kann man derweil nur ein paar U-Bahn-Stationen weiter. Mitten in einem Wohn- und Geschäftsviertel befindet sich ein Übungsplatz. Das riesige grüne Auffangnetz ist schon von weitem zu sehen und wirkt auf den ersten Blick wie eine große Voliere. Darin fliegen aber bloß Bälle... Wer braucht heutzutage noch einen Golfplatz?

Essen per Zentralkasse. Völlig überbewertet, weil genauso überflüssig sind übrigens Bedienungen im Restaurant. Auch das lerne ich in der Mega-Mall. Es gibt dort einen so genannten Foodpark. Das ist eine Ansammlung verschiedenster Restaurants, von Kentucky Fried Chicken (offenbar Fastfood-Marktführer in Asien) bis zu chinesischen oder japanischen Gerichten gibt es jede Menge Auswahl. Bestellt und bezahlt wird an der Zentralkasse. Dort bekommt man einen Summer, der anzeigt, wann die gesichtslosen Heinzelmännchen fertig gekocht haben. Am Ausgabeschalter gibt's dann das Futter rübergereicht. Ess-Kultur? Wird in asiatischen Einkaufscentern definitiv NICHT überbewertet...
 
Einfach nur so skurril: Auslage in einem Foto-Studio.

Freitag, 22. April 2011

Runterkommen auf Jeju Island

Angeblich Schauplatz der meisten koreanischen Daily-Soaps: die Ferieninsel Jeju.
Die Tage bis zur Rückreise sind gezählt. Am 27. Februar geht es heim nach Deutschland. Vor dem großen Sprung gönne ich mir noch ein paar Tage Verschnaufpause auf Jeju Island, der Haupt-Ferieninsel der Koreaner. Ein bisschen Sightseeing, ein bisschen Rumhängen, ein bisschen Wind durchs Hirn pusten lassen. Das ist schon alles, was ich hier mache. Runterkommen nach der langen Reise...

Ist das Kunst?
Zweierlei wird mir vor allem anderen in Erinnerung bleiben: Da ist zum einen das so genannte Loveland, das damit wirbt, erotische Werke koreanischer Kunststudenten auszustellen. Tatsächlich handelt es sich um eine Art Vergnügungspark für die ganze Familie. Vati, Mutti und Kind schlendern zwischen halb-schlüpfrigen und halb-albernen Skulpturen durch den kleinen Park. Ganz schön skurril!

Und dann ist da noch der 19-jährige hochintelligente Niederländer, den ich im Hostel kennen gelernt habe. Schon seit zwei Jahren studiert er an der Uni Medizin. Das freilich kuriert keine merkwürdigen Ansichten. Geschichte sei keine Wissenschaft, behauptet er kühn. Um in anderem Zusammenhang später freimütig zu bekennen, er habe bei der letzten Wahl für Geert Wilders gestimmt. Wegen der ganzen radikalen Islamisten in den Niederlanden. Ich lerne: Jede Jugend muss ihre eigenen Fehler machen. Und: Intelligenz allein ist längst nicht alles...

Sonntag, 17. April 2011

Freak-City

Gute Laune ohne Lärm: Silent Disco in Seoul.
Die meisten Kaffeeshops. Das schnellste Internet. Die höchste Lebenserwartung. Handys mit ausziehbarer Antenne für Fernsehempfang. Und jede Menge Freaks. So lerne ich Seoul kennen.

Erwarten Sie nix! Mit dieser Einstellung kam ich an. Nach Japan wollte ich. Stattdessen bin ich in Süd-Korea. Gibts hier was? Jedenfalls kaum internationalen Tourismus, in Ermangelung irgendwelcher Highlights. Stattdessen mit Seoul die zweitgrößte Agglomeration der Welt (22 Millionen) - nach Tokio. Das bedeutet: Wohnsilos, wie ich sie in dieser Dichte nicht einmal in China gesehen habe. Au weia!

Und dann das: Tanzende Menschen. Es sind mehrere Dutzend. Und dabei ist es ganz still. Die jungen Leute tragen Kopfhörer, an denen jeweils ein blauer oder gelber Luftballon befestigt ist. Alle tanzen im gleichen Rhythmus, offenbar kommt aus jedem Hörer dieselbe Musik. Das ist die leiseste Tanz-Veranstaltung, die ich je gesehen - beziehungsweise nicht gehört habe!

Es ist Samstagabend, gegen zehn Uhr. Ein kleiner öffentlicher Platz im Vergnügungs-Viertel nahe der Hongik-Uni. "Silent-Disco" nennt sich die Angelegenheit. Ganz in der Nähe gibt es weitere Belustigungen für Nachtschwärmer. Eine Gruppe von Twens trommelt, andere tanzen wild dazu. Eine Ecke weiter versuchen sich koreanische Laien-Rapper.

Aug' in Aug': Mieze und ihr Besuch.
Das Ganze bildet die Kulisse für die Amüsierlustigen vom Wochenende. Viele junge Leute. Und eine Freak-Parade. Da sind: Der Anfang-20-jährige Koreaner mit blond gefärbten Mozartlocken (echt!!!), der etwa 50-jährige Verkäufer am China-Trödel-Stand mit buntem Irokesen (nicht echt!!!). Er plaudert mit einem geichaltrigen Mann mit verfilzten Rasta-Locken (echt!!!). Der wiederum zieht ab mit einer schrillen-gekleideten Lady, ebenfalls fortgeschrittene Generation, die eine Art Turban trägt und jede Menge wallender bunter Tücher (echt schrill!).

Später lasse ich mir sagen, der Koreaner "an sich" sei alles andere als freakig. Die Ansammlung an diesem Abend sei allein der Nähe zur Uni geschuldet. Tatsächlich aber finde ich in der Stadt auch sonst viel Erstaunliches. Zum Beispiel das Café Toms Cat. Das ist weniger ein Café und vielmehr eine Katzen-Herberge. Rund zwei Dutzend Stubentiger leben hier - zwischen Kaffeemaschinen, Tischen und Stühlen gibt es alles, was die Tiere brauchen.

Die Besucher sind Gäste in ihrem Reich, und meist nur wegen der Katzen gekommen. Es sind vor allem Mädchen und junge Frauen. Sie wollen mit den Tierchen spielen oder schmusen. Manche sind so enthusiastisch bei der Sache, dass ich mich zu fragen beginne, wieviele Miezen hier wohl schon totgekuschelt worden sind.

Und doch: Irgendwie beginnt mir die Stadt zu gefallen... 

WAS SONST NOCH WAR 

Hochwasser. Da ich schon mal bei plumpen Pauschalisierungen bin: Der Asisate "an sich" ist ja immer für die eine oder andere Modesünde gut. Nicht nur in farblicher Hinsicht... In Korea hat sich zudem offenbar ein besonders unvorteilhaft aussehender Trend durchgesetzt: Die jungen Herren krempeln ihre Beinkleider exakt so weit nach oben, dass sie aussehen wie Hochwasser-Hosen. Man möchte den Jungs Geld geben, neue zu kaufen!

Donnerstag, 14. April 2011

Back in germany!?

Mönchengladbach-Rheydt? Stadtzentrum von Qingdao in China!
Das Pärchen aus den USA ist enttäuscht. Die beiden hatten sich die chinesische Küstenstadt Qingdao (sprich: Dschingdao) offenbar wie ein deutsches Disneyland vorgestellt. Mit "german sausage" an jeder Ecke und Oktoberfest und Schuhplattlern und Blas-Musi und was weiß ich noch. Dass die deutsche Kolonialzeit in "Tsingtau" nur 16 Jahre gedauert hat und schon fast 100 her ist, war den Amis nicht bewusst.

Nein, Qingdao ist nicht so deutsch wie etwa Neuseeland britisch ist. Aber für mich ist es viel deutscher, als ich erwartet hatte. Drei oder vier repräsentative Gebäude aus der Kaiserzeit, mehr wird nicht geblieben sein, dachte ich. Stattdessen finde ich ganze Straßenzüge, sogar ganze Viertel wieder, die so deutsch aussehen wie irgendeine Gegend zwischen Solingen-Ohligs und Mönchengladbach-Rheydt. Nicht immer sind die Gebäude im allerbesten baulichen Zustand, auch das freilich analog zu deutschen Verhältnissen...

Alte deutsche Zeitungen im Museum von Qingdao.
Kleiner Trost für die Amerikaner: Immerhin existiert noch die von den Deutschen gegründete Tsingtao-Brauerei, sie ist heute die größte Chinas - und exportiert unter anderem auch in die USA. Also steht eine Brauerei-Besichtigung mit anschließendem Besäufnis auf dem Plan. Das ist doch mal typisch deutsch! Ich stoße zum Glück erst später zur Gruppe, meine Leber dankt es mir! Anschluss habe ich durch einen Iren, den ich in Peking kennengelernt hatte. Es wird ein feucht-fröhlicher Abend, den wir in unserem Hostel beenden - eine umgebaute, ehemalige Kirche, ebenfalls aus deutscher Kolonialzeit.

Leider kann ich nur eine Nacht in der Stadt bleiben. Mein chinesisches Visum läuft aus. An Tag 30 nach Einreise geht es deshalb für mich an Bord der Fähre "New Golden Bridge V". Sie wird mich in 18 Stunden nach Incheon in Süd-Korea bringen, dem letzten Land auf meiner Reiseroute.


WAS SONST NOCH WAR

Gruppen-Déjà vu. Um 7.25 Uhr startet mein Zug nach Qingdao. Denke ich, als ich um 6.25 Uhr mein Hostel in Peking verlasse. Sicherheitshalber schaue ich nochmal auf den Fahrschein. Der zeigt 7.05 Uhr!!! Heldenhaft kämpfe ich mich durch die Stadt, renne mit 20-Kilo-Rucksack durch den Riesen-Bahnhof, um den Zug dann gerade noch - doch zu verpassen. Okay, kann passieren. Aber danach passiert, was nicht passieren darf: Ich schlage im Café die Zeit tot bis zum 8.30-Zug. Schaue irgendwann auf die Uhr: 8.28 Uhr!!! Wieder renne ich mit 20-Kilo-Rucksack durch die Halle. Und stehe schließlich vor denselben Damen mit demselben bedauernden Kopfschütteln wie vorhin. So was nennt man wohl ein Gruppen-Déjàvu. Oder: "Zu dumm zum Zugfahren!"

Dienstag, 12. April 2011

Und um die Ecke regiert Ronald McDonald

Chinesische Fernseh-Nachrichten auf dem Großbildschirm, wenige hundert Meter vom Tiananmen-Platz entfernt.

Endlich habe ich es gefunden. Das China, das ich erwartet habe. Lange habe ich es vergeblich gesucht. Doch hier, auf dem Tiananmen-Platz im Zentrum von Peking, ist alles so, wie ich es aus den Geschichtsbüchern und den Fernsehnachrichten kenne. Hier schlägt das Herz von Rotchina.

Kommunisten-Symbole in allen Himmelrichtungen. An der "Great hall of the people" im Osten, wo der Volkskongress tagt, hängen rote Wappen, genauso am National-Museum gegenüber. Am Tor des himmlischen Friedens im Norden hängt wie eh und je das riesige Mao-Porträt. Auf der Südseite wird der mumifizierte Leichnam des "großen Führers" in einer Gedenkhalle zur Schau gestellt.

Das Mao-Portrait hängt noch: Tor des himmlischen Friedens.
Alles Blendwerk! Bloße Dekoration! Hinter den Fassaden passiert dies: Im National-Museum wird zur Wiedereröffnung nach Komplett-Renovierung eine Schau über die europäische Aufklärung gezeigt ("Kunst ist die Tochter der Freiheit"). Parallel dazu ist eine Diskussion im Gange, ob man Maos Leiche nicht doch endgültig irgendwo beisetzen sollte, um die alberne Leichenschau zu beenden.

Allein die roten Banner an der "Great hall of the people" sind durch die Realität gedeckt: Dahinter steht der uneingeschränkte Machtanspruch der KP. Doch nur wenige hundert Meter vom großen Mao-Portrait entfernt regiert jemand ganz anderes: Ronald McDonald. Das Logo des us-amerikanischen Klopsbraters prangt nicht zufällig um die Ecke. Es steht stellvertretend für den offenbar fast abgeschlossenen Umbau der einstigen Plan- in eine Kapitalwirtschaft.

Die ganze Deko am zentralen Platz wirkt fast nur noch wie folkloristischer Kitsch, dessen Zweck es ist, die Nation geeint und ruhig zu halten. Es würde mich nicht wundern, wenn eines Tages der Staatspräsident mit einer Leiter anrückt, die roten Symbole abhängt und den staunenenden Beobachtern mit einem Augenzwinkern nur ein Wort zuruft: "Fertig!"


Landschaft und Bauwerk in seltener Ha:rmonie: die Chinesische Mauer, zwei Autostunden von Peking entfernt.

Okay, jetzt habe ich doch arg vereinfacht. So einfach ist die Sache freilich nicht. Denn der Kapitalismus bringt auch eine wachsende Kluft zwischen Arm und Reich mit sich, an die sich nicht alle gewöhnen wollen. Vor einer Entladung diesen sich verstärkenden Spannungen hat die Staatsmacht offenbar am meisten Angst. Den Weg zu Demokratie und Meinungsfreiheit wird sie deshalb nicht rasch gehen, Unterdrückung wird an der Tagesordnung bleiben. Ob dieser Spagat gelingen kann? Immerhin: Es scheint mir ein  Kunststück, dass er überhaupt bis hierher gelungen ist... 

Ich habe erfüllte Tage in Peking. Selbstverständlich stehen Verbotene Stadt und die Chinesische Mauer auf dem Besuchsplan. Vor allem Letztere hat tolle Ansichten, die ganze Szenerie ist unfassbar harmonisch. Und ich staune über den neuen, europäisch angehauchten, urbanen Lifestyle der jungen Chinesen. Eines scheint mir sicher zu sein: So langsam der Wandel in gesellschaftlicher Hinsicht auch voran kommt - auch er ist unumkehrbar.


WAS SONST NOCH WAR

Rauchen und rotzen. Beim Ausflug zur Chinesischen Mauer lerne ich eine Polin kennen, die schon seit Jahren in Peking lebt. Sie bestätigt, was ich schon ahnte: Als Ausländer lebt man gut im Reich der Mitte, solange man mit Politik nichts am Hut hat. Es gibt nur zwei Umstände, an die man sich nicht gewöhnen kann: Da ist zum einen das lautstarke Rotzen der Chinesen in allen Lebenslagen. Auch Großmütter und Kinder bringen dabei Geräusche zustande, als würden sie ihre Nieren durch die Nase hochziehen wollen. Ausgespuckt wird auf den Fußboden - in geschlossenen Räumen alternativ auch in Mülleimer. Es ist wirklich widerlich! Und dann ist da noch das allgemeine Vordrängeln, das offenbar zum guten Ton gehört. Marke frech bis unverschämt siegt. Fahrgäste aus Bus und Bahn erst aussteigen lassen? Ist in den Augen vieler Chinesen offenbar eine völlig unnötige Höflichkeit...

Was mir sonst noch auffällt: Die Chinesen rauchen, was die Lungen hergeben. Und zwar überall, auch in Restaurants. Nichtrauchergesetze gibt es offenbar keine. Auch Rauchen beim Sport wird offenbar nicht als Widerspruch empfunden (siehe Foto). Der ehemalige und nun dauerhaft entwöhnte Voll-Schmoker wünscht frohes Husten!

Donnerstag, 7. April 2011

Im Würgegriff

Über Jahrhunderte die Sommer-Residenz der Dalai Lamas: der Potala-Palast in Lhasa.
In schwarz-weiß ist die Welt einfacher. Auch in Tibet. Hier die unterdrückten Einheimischen, deren Kultur unter dem übermächtigem chinesischem Einfluss zu schwinden droht. Dort die üblen Besatzer, denen jedes Mittel recht ist, die abtrünnige Provinz im Würgegriff zu behalten. Eine schlicht-graue Theorie, die in meinen Augen jetzt Farbe bekommen hat. Das Bild sieht plötzlich anders aus.

Zum Beispiel die Szenerie im Jahre 2008. Zur Geschichte des Aufstandes gehört auch, dass das chinesische Militär nichts unternahm, solange die Proteste friedlich waren. Die Soldaten griffen erst ein, als ein Teil der Demonstranten gewalttätig wurden. Wobei jene nicht nur auf die Chinesen losgingen und einige auch massakrierten, sondern - da man schon mal dabei war - Mitglieder der muslimischen Minderheit gleich mit verprügelten. Das rechtfertigt nicht das harte Vorgehen der chinesischen Staatsmacht. Aber es gehört zur Wahrheit. Und die ist eben nie schwarz-weiß.

Die Folgen der erfolglosen Revolte vor drei Jahren sind bis heute spürbar. So stark, dass sie eine Zeitenwende markiert: davor und danach. Was im Danach vor allem auffällt, ist die massive Präsenz der chinesischen Staatsmacht. In der Innenstadt von Lhasa gibt es spätestens alle 100 Meter einen Polizei- oder Militärposten, manchmal auch alle 50 Meter. Jeweils fünf oder sechs Sicherheitskräfte tummeln sich dort. Wobei es die Polizei lässig angehen lässt. Man sitzt auf Hockern, schwatzt mit Passanten, lacht. Die Soldaten hingegen stehen stramm, jeder in eine andere Richtung stierend. Hin und wieder sind auch marschierende Trupps zu sehen - und Uniformierte auf Hausdächern. So richtig charmant ist das alles nicht. Nach Einbruch der Dunkelheit kontrollieren die Posten hin und wieder die Papiere ausgewählter Passanten. Lhasa im Würgegriff.




Auch auf mich hat man offenbar ein besonders wachsames Auge geworfen. Aus mir nicht ersichtlichen Gründen bekomme ich zwei Aufpasser an die Seite gestellt. Da ist mein offizieller Tour-Guide, der mich nach der spektakulären 30-Stunden-Zugfahrt vom Bahnhof abholt. Und dann ist da noch eine Frau, von der ich nicht weiß, weshalb sie dabei ist. Sie kommt aber auch nur beim offiziellen Sightseeing-Programm mit und verschwindet danach. Er hingegen begleitet mich auch abends. Er holt mich morgens vom Hotel ab und bringt mich abends wieder hin. Eigene Wege? Unmöglich.

Ich ahne, dass zumindest er meinen Namen gegoogelt hat. Drei Mal während meines Aufenthaltes spricht er davon, dass viele Tibet-Touristen einen falschen Beruf angeben, damit sie die Einreise-Genehmigung erhalten. Journalisten beispielsweise würden ja sonst nicht hereingelassen. Als er mich nach meinem Beruf fragt, erzähle ich etwas von Deutschlehrer für Ausländer. Worauf er etwas spitz bemerkt, im Antragsformular hätte ich ja wohl "Fabrikarbeiter" angegeben. Ich stelle mich dumm und reagiere nicht darauf.

Tatsächlich passiert auch nichts weiter, die Situation entspannt sich eher. Der Tourguide - ein Tibeter - ist eigentlich ganz nett, ich habe nicht den Eindruck, dass er mir etwas will. Er lässt mich irgendwann dann auch abends alleine losziehen. Auch die ominöse Begleiterin ist am letzten Tag nicht mehr dabei. Die ganze Sache wird lockerer und beginnt dann doch noch, Spaß zu machen. 

Zumal sich mein Körper auch langsam an die Höhe gewöhnt. Seltsam: Cusco in Peru - in etwa auf gleicher Höhe gelegen - hat mir längst nicht so viel Probleme bereitet. In Lhasa bin ich am ersten Tag ziemlich platt. Mit Mühe und hämmernden Kopfschmerzen schleppe ich mich durchs Programm. Dabei gibt es so viel Spannendes zu sehen. Etwa den Potala-Palast (ehemalige Residenz der Dalai Lamas) oder den 1300 Jahre alten Jokhang-Tempel.

Gerne würde ich noch weiter durch Tibet reisen. Doch weil das Land im März für ausländische Touristen dicht war und ich erst jetzt herein durfte, bleibt nicht genug Zeit. Immerhin: Für einen ersten Einblick hat es gereicht. Und der war beeindruckend, bleibend - und bunt!

Militär und Polizei sind massiv präsent.


WAS SONST NOCH WAR

Ich als Foto-Star.
 Mehr noch als in anderen chinesischen Städten erregen westliche Touristen in Lhasa Aufsehen. Ich habe keine Ahnung, warum das so ist - schließlich bin ich bei weitem nicht der erste und garantiert auch nicht der letzte. Trotzdem sprechen mich viele Tibeter an, probieren ein paar Brocken Englisch an mir aus. Und wenn sie keines sprechen, dann lächeln sie mir einfach zu. Oder bitten mich um ein gemeinsames Foto. Junge Mönche genauso wie alte Frauen. Ich weiß, dass diese Aufmerksamkeit und Freundlichkeit letztlich nicht meiner Person gilt, sondern der Hoffnung auf ein freieres Leben. Ein schönes Gefühl ist es trotzdem!



Gläubige beten am Jokhang-Tempel.


Fortschritt auf Chinesisch. Der ökononische Fortschritt in Tibet hat eine Wurzel allen voran: China. Das Reich der Mitte pumpt eine Menge Geld ins Land. Andernfalls sähe es hier vermutlich noch so aus wie in Nepal - höre ich von einem Tibeter. In der Altstadt von Lhasa ist noch erkennbar, dass das Land bitterarm war. Stellenweise erinnert der Standard an Bolivien. Doch die Chinesen klotzen richtig rein: Die ganze Stadt ist voller Baustellen. Häuser werden gebaut oder renoviert, die Gehwege hergerichtet. Viele Tibeter empfinden das als Fluch und Segen zugleich. Einerseits wissen sie, dass die Investitionen auch ihnen zugute kommen. Andererseits fürchten sie den steigenden chinesischen Einfluss. Ob sich die beiden Völker jemals werden arrangieren können?

Spektakuläre Aussichten bei der Zugfahrt durch Tibet.

Samstag, 2. April 2011

Der Wandel kommt bestimmt, irgendwann

Geschichte mit Gesicht: Kein Krieger der Terracotta-Armee gleicht dem anderen.

Da stehen sie nun die Krieger, aufgereiht wie die Orgelpfeifen, und sollen ihren Kaiser beschützen, der vor rund 2000 Jahren starb. Seine Terracotta-Armee ist eine der wichtigsten historischen Stätten Chinas, nahe der Stadt Xi'an, die ich zurzeit besuche. Doch wie ich den Figuren von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehe, sind mir die Lebenden gerade viel wichtiger.

Yuan ist 24 Jahre alt, ich habe ihn zufällig im Linienbus zur Ausgrabungsstätte kennengelernt. Wir unterhalten uns schon die ganze Zeit sehr angeregt. Doch ausgerechnet in der Haupthalle, wo 1800 Krieger versammelt sind, kommen wir zum Kern. Üblicherweise reden Chinesen nicht gern über Politik, schon gar nicht mit Ausländern. Dieser hier aber nimmt kein Blatt vor den Mund.

Er studiert Kommunikation und nutzt die Semesterferien, um im Land herumzureisen. Was er später mal arbeiten möchte? Vielleicht etwas in Richtung Organísation, bei einer Firma. Journalist, darüber habe er wohl auch nachgedacht. Offizielle Sichtweisen zu verlautbaren, das aber wäre nicht sein Ding. Den meisten Chinesen sei bewusst, dass sie von der Regierung stets nur die halbe Wahrheit erführen. Er wolle sich nicht zu deren Büttel machen. Und wenn er ins Ausland ginge, immerhin spricht er gut Englisch? Nein, er will in der Nähe seiner Eltern bleiben, die würden bald alt sein und Pflege brauchen. Viel Hoffnung auf eine baldige demokratische Wende in seiner Heimat hat Yuan Zeng nicht. Ja, es gebe einen Wandel - und der werde letztlich auch zur Öffnung des Landes führen. Aber das könne 50 Jahre, 80 Jahre, vielleicht auch 100 Jahre dauern.

 
Und so diskutieren wir, während wir an den Ton-Kriegern vorbeischlendern. Jeder von denen hat übrigens ein eigenes Gesicht, einen eigenen Charakter. Spannend, die Vergangenheit! Genauso wie die Gegenwart...

Spaziergang auf der alten Stadtmauer von Xi'an.

WAS SONST NOCH WAR

Ifon-Klon. Es ist Zeit für ein neues Handy. Und weil man auch Raubkopien am besten an der Quelle kauft, habe ich in China mittlerweile schon jeden zweiten Handy-Shop besucht. Zwecks Preisvergleich. Lange habe ich geschwankt zwischen dem original Samsong und den Konkurrenz-Modellen von Nokai, Sony Eirricson und dem Ifon. Allerdings sahen die Teile alle nicht sonderlich stabil aus. Also habe ich mich schließlich für das M9 von Meizu entschieden. Das ist ein seriöser und gut gemachter I-Phone-Klon. Sieht aus wie ein I-Phone, hat dieselben Funktionen - aber ist fast die Hälfte billiger. Schlechtes Gewissen wegen Apple? Nicht die Bohne!
 


Besser als ein Samsong: Mein Iphone-Klon.
Meine Bank gegen China. Ups, da muss ich wohl drei Mal die falsche Pin am Geldautomaten eingegeben haben. Teilt mir meine Bank per Mail mit. Ist mir gar nicht aufgefallen. Okay, die Tastenfelder an den Automaten hier sind alle mit einer Metallplatte abgedeckt, damit niemand spicken kann. Womöglich habe ich selbst nicht so genau hingesehen. Gleichwie, ich solle bitte die Hotline anrufen. Das gestaltet sich schwierig: Mit meiner chinesischen Mobil-Nummer kann ich nicht nach Deutschland telefonieren, mit meiner deutschen auch nicht. Also begebe ich mich in einen Call-Shop. Ein Mitarbeiter aus dem Hostel kommt eigens mit, um zu helfen. Ohne Weiteres ins Ausland zu telefonieren ist nicht vorgesehen. Umstand hin, Umstand her, irgendwann steht die Leitung zur Bank. Doch was muss ich hören? "Gespräche aus Ihrer Region nehmen wir nicht entgegen. Danke für Ihren Anruf!" Ende der Verbindung. Wie? Was? Chinesen dürfen nicht bei der DKB anrufen? Okay, das ist eine Tochter der BayernLB. Aber seit wann hat die was gegen Chinesen? Keine Anrufe bis Ihr die Menschenrechts-Charta erfüllt? Oder welchen Kreuzzug führen die? Ich staune, und erreiche den Bank-Berater meines Vertrauens schließlich per Skype - was jeder Chinese übrigens auch tun könnte. Falls es denn Chinesen gibt, die bei der DKB anrufen wollen...



Montag, 28. März 2011

Licht-Orgie in Nanjing

Per Boot geht es fast eine Stunde lang vorbei an illuminierten Papp-Figuren.
Ich bezahle mit einem 100-Renminbi-Schein. So heißt das Geld in China, umgerechnet ist dieses Papier knapp elf Euro wert. Und was macht der Mitarbeiter an der Kasse? Er legt die Banknote tatsächlich in einen der hierzulande weit verbreiteten Geldzähl-Automaten. Der Schein wird durchgemangelt, das Display zeigt überraschenderweise eine Eins. Dieser Vorgang wiederholt sich zu meinem großen Erstaunen noch ein zweites und ein drittes Mal, dann erst ist der Mitarbeiter offenbar davon überzeugt, dass ich ihm EINEN Hunderter gegeben habe und beginnt, das Wechselgeld aus der Kasse nesteln.

Ich gewinne immer mehr den Eindruck, dass nicht nur Deutschland überbürokratisiert ist. Über den unfassbaren Aufwand, den man beim Geldtauschen betreibt, habe ich ja schon berichtet. Und auch sonst scheint es für jeden Vorgang des Lebens in China ein passendes Formular zu geben. Nun ja, das Zusammenleben von 1,3 Millarden Menschen will organisiert werden.

Diese Zahl ist so unglaublich groß, dass sie in meiner Vorstellung stets abstrakt gewesen ist. Jetzt aber gibt es ein Bild dazu. Entstanden ist es bei den Hochgeschwindigkeits-Zugfahrten von einer Fünf-Millionen-Metropole in die nächste. Es ist das Bild tausender Wohnsilos, das eines nach dem anderen an meinem Blick vorbeirauscht. Und es hört gar nicht mehr auf, so zersiedelt ist die Landschaft zwischen den Städten.

Die alte Stadtmauer von Nanjing vor Wohn-Silo.
Auf dem Weg nach Nanjing ist das nicht anders. Auch hier eine ähnliche Situation wie in Hangzhou und Suzhou: Die Innenstadt ist sauber, tiptop hergerichtet, alles auf dem Standard westlicher Industrieländer. Drumherum sind die Menschen in gigantischen Wohnsiedlungen aufgestapelt. 

Nanjing überrascht indes nicht nur mit seinem hübschen See und dem Hausberg, auf dem sich die Jugendlichen sonntags treffen, um Karten zu spielen. Aus dem Rahmen fällt vor allem die Licht-Orgie, die die Stadtväter allabendlich inszenieren.

Los geht es direkt nach Einbruch der Dunkelheit. Dann starten dutzende buntbeleuchtete Boote auf eine Kanal-Rundfahrt. Gut eine Stunde lang geht es an hell erleuchteten Häusern vorbei und unter illuminierten Brücken hindurch. Wo gerade nichts steht, an das man hätte Glühbirnen schrauben können, sind Figuren und Szenen aus Pappmasche hingestellt worden - von innen beleuchtet. Die Grenze zum Kitsch ist meilenweit überschritten, aber irgendwie hat's auch was. Vermutlich vor allem dann, wenn man sein Leben die meiste Zeit in einer chinesischen Vorstadt-Hochhaussiedlung verbringt... 

WAS SONST NOCH WAR
 
Noten-Terror. Zwei hübsche Innovationen gibt es an chinesischen Bankschaltern. Erstens befinden sich dort Sitzgelegenheiten, was freilich auch angebracht ist, da selbst kleinere Vorgänge fünf Stempel und drei Unterschriften erfordern (siehe oben). Und dann gibt es noch das kleine, graue Gerät vor der Sicherheits-Scheibe. Dort kann man dem Mitarbeiter am Ende des Vorgangs eine Note geben. Gut, Mittel und Schlecht - diese Varianten stehen grob übersetzt zur Auswahl. Eine Leucht-Skala zeigt den Durchschnitts-Wert an, den der Bankberater bisher erreicht hat. Drei von fünf Sternen leuchten mir diesmal entgegen. Die Chinesen scheinen bei der Benotung nicht ganz so zimperlich zu sein. Ich derweil könnte mir ein solches System problemlos auch in allen möglichen Lebensbereichen in Deutschland vorstellen. Wäre ich König, ich würde anfangen bei (und zwar in dieser Reihenfolge): Taxi-Fahrern, Ärzten, Mitarbeitern der Deutschen Bahn. Ergänzungswünsche nehme ich jederzeit gerne per E-Mail entgegen.