Samstag, 26. Februar 2011

First Foto, then looking!

First looking oder first Foto? Verhandlungsgespräche zwischen Tourist und Longneck-Frau.
Es gibt gute organisierte Touren. Die in Australien zur Grand Ocean Road war so eine. Reiseleiterin, Gruppe, Programm, alles hat gestimmt. Vorteil solcher Fahrten: Sie sparen Zeit. Und die ist knapp. Nur zwei Tage habe ich in Chiang Mai. Den einen erkunde ich die Stadt in Thailands Norden zu Fuß, den anderen mache ich eine Tour ins Umland. Die freilich gehört zur Sorte "besser nicht".

Ob in Ägypten, Malaysia, Mexiko oder Gambia: Diese Touren sind auf der ganzen Welt gleich - Verkaufsveranstaltung reiht sich an Verkaufsveranstaltung, unterbrochen von der Massenabfütterung am Buffet und einen hochnotpeinlichen Besuch in einem Eingeborenendorf.

Auf Donsao gibts vor allem Ladenhüter zu kaufen.
Wenn man in eine solche Tour gerät (weil man womöglich zu faul war, sich vorher besser zu informieren), hilft nur noch eines, um den Tag seelisch unbeschadet zu überstehen: blanker Zynismus.

Fangen wir also mit den Mit-Reisenden an. Da ist etwa das Pärchen, deren Kleidung kontroverse Botschaften vermittelt. Er trägt eine grüne Mütze mit rotem Kommunistenstern. Sie ein rotes T-Shirt, auf dem fett der Markenname Abercrombie prangt. Sicherlich haben die beiden spannende politische Diskussionen bei Tisch: "Alle Menschen sind gleich!" Darauf sie: "Ich find' Abercrombie aber toll!" Okay, es kann auch sein, dass beide einfach noch keinen Gedanken daran verschwendet haben, was sie warum anziehen. Das hätten sie dann mit denjenigen gemeinsam, die sich mit dem ewig gleichen Che Guevara-Konterfei schmücken. Gleich, ob es auf Mützen, Shirts oder Taschen prangt, die Botschaft ist immer dieselbe: Man tickt links. Das sei auch jedem gegönnt. Aber ein Mörder und Stalin-Verehrer taugt nicht zur Heldenverehrung. Das jedoch nur mal so am Rande...

Sehr lieb gewonnen habe ich auch ein anderes Paar. Durch einen kurzen Dialog haben sie mir den Tag verschönt. Er ereignete sich im Dorf der Longneck-Menschen. Dabei handelt es sich um ein Völkchen, das sich traditionell durch das Anlegen metallener Ringe die Hälse verlängert. Es stammt angeblich aus Myanmar, hat sich aber aus politisch-wirtschaftlichen Gründen in Thailand angesiedelt. Dort betreibt man eine Siedlung aus Verkaufsständen, die aus zwei Teilen besteht. Hüben dürfen die sparsamenTouristen einkaufen, bedient von Frauen mit normal langen Hälsen. Nur wer 200 Baht drauflegt, darf über den Fluss nach drüben, wo die Longneck-Frauen verkaufen.

Sonnenklar: Eine peinliche Situation jagt die nächste. "Looking!", fordert eine Longneck-Frau das Touristen-Pärchen auf, näher an die Ware heran zu treten. Die wollen aber bloß ein Foto von der Frau machen, antworten daher: "First Foto, then looking!" Einfach legendär das...

Erinnerungsstück auf Holzdeckel: Muss das sein?
Eine weitere Verkaufssiedlung gibt es auf der Mekong-Insel Donsao, die zu Laos gehört und die wir per Ausflugs-Boot erreichen. Um den Touris das Geldausgeben zu erleichtern, darf man völlig ohne Ein- oder Ausreiseformalitäten dorthin. Hauptsache der Rubel, pardon: der Kip rollt.

Kurios: In diesem Dorf hat man sich offenbar auf Ladenhüter spezialisiert. Viele der feilgeboteten Waren ruhen unter einer dicken Staubschicht. So etwa die Briefmarken-Sets (sammelt noch irgendjemand Briefmarken?), die Lacoste-Shirts (trägt noch irgendwer Lacoste?) oder die Postkarten mit Gilb-Rand (verschickt noch jemand... *ganzlauthust).

Zur Krönung des Tages gibt es dann noch was Persönliches: Beim Weg zum Boot wurden alle Reiseteilnehmer abgeknipst und das jeweilige Konterfei anschließend auf einen runden Holzdeckel geklebt, umrahmt von allerlei Folklore-Motiven. Das Ganze ist für nur 100 Baht käuflich zu erwerben. Und wieder war ich zu schwach...

Mir reicht's, genug davon! Ab nach Laos!

Wat Pra Singh-Tempel in Chiang  Mai.

Mittwoch, 23. Februar 2011

China üben

Im Longshan-Tempel in Taipeh wird inmitten bunter, beleuchteter Papp-Figuren gebetet.
Bilaterale Beziehungen pflegen. Den eigenen Staatsbürgern helfen, den anderen die eigene Kultur erklären. Das sind die Aufgaben einer Botschaft, dachte ich bisher. Jetzt lerne ich es besser. "Visum für China, macht 55 Euro, bitte sehr!" Paling, die Kasse klingelt. "Danke, der Nächste bitte! Ein US-Amerikaner? Für Sie nur 130 Euro!" Paling. "Danke, der Nächste bitte!" Und so stehen sie alle in der langen Schlange, um in der chinesischen Botschaft in Bangkok ihr Geld abzuliefern. Und ich mittendrin. Paling, fast ein ganzes Tagesbudget ist auf einen Schlag weg. Damit die Staatsbediensten innerhalb von ein paar Stunden ein Stück Papier in den Pass kleben, das es in Ländern wie Thailand kostenlos gibt. 55 Euro nur fürs Einfach-Visum, für die anderen Varianten sind die Preise nach oben offen. Dagegen war der Eintritt in die DDR fast schon ein Schnäppchen.

Prost: Guido und ich stoßen in der Business Class an.
Aber meine finanziellen Maßstäbe geraten dieser Tage sowieso ins Wanken. Ich besuche meinen alten Freund Guido, der in Bangkok Karriere bei einer deutschen Touristik-Firma macht. Und mit einem Schlag bin ich in einer anderen Welt. Eben noch in der Sechs-Euro-Kabine in Georgetown ohne Intimsphäre und ohne Steckdose, schlafe ich jetzt in Guidos Gästezimmer mit eigenem Bad. Eben noch mit 20-Kilo-Rucksack hinten auf dem Taxi-Roller, fläze ich mich nun auf der Rückbank der Firmen-Limousine. Eben noch mit einem Händler um zehn Baht gefeilscht (ungerechnet knapp drei Cent), finde ich mich sogleich in einer gediegenen Bar bei Cocktail und Nüsschen wieder.

Hier trifft sich der Herr Direktor mit Kollegen zum Feierabendbier. Die Gespräche drehen sich darum, wie viel man seiner Putzfrau zahlt, welcher Fahrer am unzuverlässigsten ist und welcher Schneider am besten. Mir wird ganz schwindelig...

Aufstell-Fläche in der U-Bahn Taipeh: So viel Ordnung muss sein.
Und das ist erst der Anfang. Guido will übers Wochenende nach Taipeh fliegen, und nimmt mich mit. KLM Business Class, upper deck. Ich mache Bedenken geltend, bestehe auf Economy. Sie werden vom Tisch gewischt mit der Begründung, er habe keine Lust alleine in der Lobby zu sitzen. Das erinnert mich an die britische Comedy Absolutely Fabulous, als Patsy eine U-Bahnfahrt mit den Worten ablehnt, sie "habe nichts anzuziehen für die Öffentlichen."

Nachdem der Service an Bord fachmännisch gewürdigt, die fehlende First Class-Immigration am Flughafen von Taipeh beklagt und der Fahrer wegen Verspätung gerügt wurde, kann das Abenteuer Taiwan losgehen. Mitte März will ich die Volkrepublik bereisen, hier in der Republik kann ich jetzt schon mal üben. China üben.

Übung 1: Orientierung. Die Aufgabe ist gar nicht so schwer: Finde in der Innenstadt mit Hilfe eines Stadtplans zurück zum Hotel. Das Ergebnis ist verheerend. Zwei Stunden laufen wir vergeblich im Kreis. Zwar gibt es Schilder in chinesischer UND lateinischer Schrift, aber nicht genügend. "Hier waren wir schonmal", wird zur geflügelten Phrase.

Übung 2: Taxifahren. Hierbei stellen wir uns klüger an. Wir lassen uns im Hotel die Zieladresse in Mandarin auf einen Zettel schreiben. Dummerweise lässt uns der Fahrer trotzdem vor dem falschen Haus raus. Jetzt stehen wir im Dunkeln hilflos in einer unbekannten Gegend. Da spricht ein freundlicher und des Englischen kundiger Chinese die verunsicherten Langnasen an - und kann ihnen sogar den richtigen Weg weisen. Schwein gehabt.

Ohne Panzer lebend gestapelt: Schildkröten fertig zum Verzehr.
Übung 3: Essen. Ganz haarige Angelegenheit. In Thailand habe ich in Zweifelsfällen einfach auf die Bilder in den Speisekarten oder auf die Teller anderer Gäste gedeutet, wenn ich etwas wollte. Da ich auch weiterhin keine Schweineohren, Hühnerfüße oder Innereien essen will, fällt diese Methode in China aus. Besonders übel sind die Restaurants, in denen die lebenden Tiere noch durch die Scheibe auf den Teller glotzen, bevor sie gebraten oder fritiert auf ebenjenem landen - so wie die Schlangen, Ratten und gestapelten Schildkröten, schon ihres Panzers entledigt, die wir sahen... Unfassbar! Unessbar! Inzwischen stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob es in Peking wohl McDonalds gibt. Guido und ich haben in einer Pizzeria gegessen.

Trotzdem kommen wir im Großen und Ganzen gut durch. Rheinländer auf Reisen: Et hätt noch immer jot jejange... Wir schaffen es zur Chiang-Kai-Shek Memorial Hall (Verherrlichungstempel nach kommunistischem Vorbild), zum Taipeh 101 (zweithöchstes Gebäude der Welt, das mich übel geschwankt hat) und zum Longshan-Tempel, in dem die Gläubigen inmitten buntleuchtender Pappfiguren beten.

Auch fast noch lebendig: Chiang Kai Shek in Wachs.
Und das war es dann auch schon. Nach einer Woche in Bangkok und Taipeh ist meine Zeit mit Guido schon wieder vorbei. Mein nächstes Ziel ist Chiang Mai, auch dort wartet ein Freund auf mich: Schmalhans. Quasi auf den letzten Metern in Bangkok ist mir nämlich meine Kreditkarte abhanden gekommen. Nun reise ich vorerst mit geliehenem Geld weiter und muss finanziell kräftig auf die Bremse treten. Vielleicht sollte ich demnächst einfach mal eine Botschaft eröffnen!?

Dienstag, 15. Februar 2011

Die deutsche Brille

Willkommen im Ich: Erst in der Fremde merke ich, wie Deutsch ich eigentlich bin. Nie etwa hätte ich für möglich gehalten, dass ich einmal deutsches Essen vermissen würde. Grünkohl, Kasseler, Currywurst, allein bei dem Gedanken läuft mir das Wasser im Munde zusammen. Auch bin ich ganz heiß auf deutsche Zeitungen und Zeitschriften - obwohl ich regelmäßig Tagesschau per Internet sehe. Und auch wenn sich mein Englisch in den vorigen Monaten verbessert hat, so ist es doch nach längerer Zeit immer wieder schön, meine Muttersprache sprechen und mich uneingeschränkt ausdrücken zu können.

Deutsche Zeitungen in Thailand.
Was mich mit anderen Deutschen verbindet - und von ihnen trennt, das fällt mir besonders jetzt in Patong Beach auf, wo ich noch einmal für zwei Tage Station mache, bevor es per Nachtbus weiter nach Bangkok geht. Zwischen dem deutschen Juwelier Gems, der "Erdinger Tankstelle bei Robert" und "Uwe's Travel Agency" ("Deutsche Zuverlässigkeit!") rückt mir das alles wie in einem Brennglas ins Bewusstsein. Und so sehr mich meine Landsleute manchmal auch anwidern mögen: Es gibt doch ein unsichtbares Band, das ich mit Menschen aus anderen Ländern nicht habe.

Es ist die Kenntnis deutscher Kultur, deutscher Werte und deutscher Geschichte. Dabei spielt es keine Rolle, wie man dazu steht. Leidkultur oder Leitkultur? Stolz auf die Heimat oder beschämt über ihre Geschichte? Großartig ordentlich oder grässlich kleinlich? Hartz IV? Über diese Fragen überhaupt nur nachzudenken, macht schon einen Teil des Deutschseins aus. Denn von all dem weiß man auf der anderen Seite der Erde so gut wie gar nichts.

Was aus Deutschland ist den Menschen in Lateinamerika geläufig? Oder in Australien? Oder in Singapur? Da gibt es nur Weniges. Allen voran das Wort "Kindergarten", das überall zum Wortschatz gehört. Dann ein paar Automarken, BMW scheint fast noch präsenter als Daimler oder VW. Andere bekannte Firmen sind DHL, vielleicht noch Siemens. Ansonsten wird Deutschland noch mit Bier assoziiert (obwohl es deutsches Bier gar nicht so oft gibt, belgisches oder mexikanisches ist viel weiter verbreitet) und natürlich mit Fußball - manchmal Beckenbauer, manchmal Schweinsteiger.

Aber dann ist auch schon Schluss, alles darüberhinaus ist Spezialwissen. Kein Wunder, Deutschland spielt in den Medien auf der anderen Seite der Welt keine große Rolle. In Patong finde ich im Blatt "The Nation" (Ausgabe von gestern) immerhin eine Kurz-Nachricht über die Absicht der Regierung, auch Ausländer in der Bundeswehr einzusetzen. Warum ausgerechnet diese Meldung ausgewählt wurde und keine andere? Ich habe nicht die geringste Idee...

Nur eines ist mir bewusster denn je: Ich bin tatsächlich sehr deutsch - im Denken und im Wesen, ob ich es will oder nicht.

Juweliergeschäft in Patong Beach.
Update am 18. Februar: Bin gerade am Flughafen in Bangkok, hatte mich so gefreut, hier endlich mal wieder einen Spiegel kaufen zu können. Die letzten beiden Male sind schon lange her (im Oktober konnte ich für 20 Euro eine Ausgabe in Kolumbien kaufen, im November haben mir Freunde zwei Ausgaben nach Chile mitgebracht - alle habe ich Zeile für Zeile verschlungen). Jetzt die Enttäuschung: Die einzige deutschsprachige Lektüre, die am Airport zu haben ist, sind zwei Wochenblätter für Urlauber und Deutsche, die in Thailand leben.

"Der Farang" titelt mit "Aufschwung am Immobilienmarkt", im Innenteil wirbt die "Fahrenheit a go go"-Bar in Pattaya mit dem Slogan "Kühles Bier, heiße Girls". Boulevardesk die Aufmachung des Tip (Zeitung für Thailand): "Zwangsarbeit in Bangkok. Ukrainer wurde 14 Jahre gefangen gehalten!" Im Innenteil gibt's einen Gerichtsbericht über einen deutschen 65-Jährigen, der wegen Sex mit minderjährigen Prostituierten vor Gericht steht und offenherzig Einblicke in seine Denke gibt. Das ist im wahrsten Sinne des Wortes unheimlich! So erfährt der Leser, dass der Angeklagte "akribisch geführte Tagebücher mit Sexlisten" geführt habe. Auch das ist wohl typisch deutsch...

Sonntag, 13. Februar 2011

Sumpfblumen auf Ko Phi Phi

Hübsch, klein - und voller Sauftouristen: Ko Phi Phi.

Was bleibt, wenn man sich von Patong Beach die Sex-Touristen, die Über-40-Jährigen und die Familien wegdenkt? Eine Idee von Ko Phi Phi. Diese Insel befindet sich knapp zwei Stunden mit der Fähre von Phuket entfernt und ist ein beliebtes Ziel bei jüngeren Touristen. Und jetzt auch meins (gerade noch rechtzeitig bevor im August mein Stündlein schlägt...).

Zwei böse Omen gibt's zum Start: Ein Freund, der schon dort war, schreibt per Mail, dass ich nach Patong vermutlich hinreichend abgehärtet für Ko Phi Phi sei. Soll mich beruhigen, bewirkt aber das Gegenteil. Und auf dem Pier angekommen treffe ich zufällig zwei Australier, die ich bei der Dschungel-Tour in Kolumbien kennengelernt habe. Sie reisen ab, fanden die Insel toll, warnen mich aber dringend davor, mich im Harmony House einzuquartieren. Bingo. Genau das habe ich gebucht.

Doch diese Warnung bleibt zum Glück bedeutungslos. Aus irgendwelchen Gründen werde ich geupgradet (wer hat eigentlich dieses scheussliche Wort eingedeutscht?) und habe mit den Unterkünften fürs Volk nichts zu tun. Schwein gehabt, denn das Völkchen, das hier unterwegs ist, ist wirklich sehr speziell. Die Insel selbst ist ziemlich hübsch und so klein, dass es nicht mal Autos gibt. Und ausgerechnet hier blüht eine Sumpfblume: der internationale Sauftourismus.

Im Prinzip funktioniert das Ganze wie El Arenal in kleiner und weniger Deutsch. Tonangebend sind ohrenscheinlich die Aussies, gefolgt von Schweden. Statt Sangria-Eimern offerieren die örtlichen Händler kleine, handliche Ein-Personen-Eimer (Foto). Darin stecken etwa eine kleine Flasche Wodka, eine Dose Red Bull und eine Dose Cola - kostet umgerechnet 3,50 Euro. Das kippt man dann alles zusammen, und fertig ist der billige Rausch. Praktisch: Wem nach Leeren des Eimers schlecht ist, kann ihn umgehend wieder auffüllen. Bei Bedarf gibt's auch größere Eimer mit größeren Flaschen...

Zentrum der rauschseligen Heiterkeit ist der Strand rund um die Hippies Beach Bar. Nachmittags betrinkt man sich mit Bier in der prallen Sonne. Nachts gehen wahlweise Tütchen oder Eimer rum. Besonders bequem haben es die Herren: Sie urinieren umstandslos direkt ins Meer. Und eines darf man mir getrost glauben. Es fällt mir verdammt schwer, an dieser Stelle auf Wortspiele zu verzichten...

Werbe-Tafel an einem Restaurant.
Tja, und was kann man sonst machen auf dem knappen Eiland? Am ersten Tag laufe ich die drei Aussichtspunkte ab. Am zweiten gehe ich tauchen, unter anderem zu einem Wrack in 25 Metern Tiefe. Am dritten Tag brate ich in der Sonne. Wobei ich den trunkenen Heranwachsenden so gut ausweiche, wie es eben geht. Ich lasse sie in Ruhe - und sie mich. Meistens jedenfalls. Einmal spricht mich gegen Mitternacht ein junger Rosenheimer an. Ob ich auch zum Strand wolle. Er ist ganz zutraulich und lädt mich ein, aus seinem Eimerchen trinken. Trotzdem lasse ich ihn - am Strand angekommen - allein nach seinen Kumpels suchen. Wie lange ich bleibe, will er noch wissen. Ich antworte: "Nur ein paar Tage, mehr Zeit habe ich nicht." - "Nicht dafür", denke ich mir noch...

Mittwoch, 9. Februar 2011

Patong Beach: Schlimmer als in der RTL-Reportage



Was? Was bloß kann man über Patong Beach sagen, was kein Klischee wäre? Sorry, ich passe! Vielleicht gibt's ja einen versierten Autor, der in gebotener Kürze das ganze Elend dieses Ortes erfasst, ohne zu schreiben, was alle erwarten. Ich sehe mich dazu außerstande, von meiner Seite soll deshalb der Schluss reichen: Ich habe Phuket heute morgen in einem Mini-Bus und in Gesellschaft zweier leicht angeschlagener Stuttgarter - beide um die 30, Typ netter Schwiegersohn - verlassen. Sie waren eigenem Bekunden zufolge in der vorherigen Nacht mit zwei kolumbianischen Frauen sumpfen und hatten deshalb nur zwei Stunden Schlaf. Dafür waren sie recht redselig. Mein persönlicher Lieblingsspruch: "Der Mongo soll endlich losfahren". Auch schön folgende ethnische Eil-Abfertigung: "Die Zigeuner und das ganze Pack..."

Während die beiden in drei Wochen ihren Urlaub auf Ko Samui beschließen (zur Vollmond-Disco), werde ich vermutlich immer noch darüber nachdenken, wie viele andere Touristen ich ertrage. Platsch! Und voll ins nächste Klischee-Näpfchen getappt... Das immergleiche Gespräch unter sich gerade kennenlernenden Travellern (und den Umständen des Reisens ist es geschuldet, dass man ständig jemanden kennenlernt) dreht sich darum, wo es am schönsten ist. Und am schönsten ist es immer da, wo keine anderen Touristen sind. Sagen jedenfalls immer alle. Geradezu als wolle man sich selber aus dem Wege gehen. Die Realität ist freilich, dass sich die beiden einzigen Touristen an einem Ort garantiert zusammen tun, wenn keine anderen in Sicht sind.

Leichtbekleidete Mädchen tanzen an der Bangla Road.
Und das ist auch völlig verständlich. Als ich einmal im Dunkeln in einem mir unbekannten Dorf irgendwo in Zentralamerika angekommen bin, kein Restaurant in Sicht, auch kein Hotel, niemand, der Englisch spricht, wäre ich sehr froh gewesen, einen anderen Fremden zu treffen. Spannend ist es dann, dass es trotzdem weitergeht... Jedenfalls ist das Jammern über das Vorhandensein anderer Reisender eine der großen Selbstlügen der Travellergemeinde.

Eine andere übrigens ist der Glaube, man sei so frei, so selbst, so individuell. Meine Beobachtung: Der durchschnittliche Globetrotter vom Typ Partyfraktion ist Anfang 20 und weiß nicht, wo er ist. Und er will es auch gar nicht wissen. Um Spaß zu haben reicht ein Strand. Klar, die Namen von Land, Hauptstadt, Währung und des örtlichen Strandclubs müssen alle wissen. Aber dann hört es halt auch schon auf.

Ups, und schon wieder vereinfachende Scharfzeichner im Einsatz... Dabei bin ich selbst bloß irgendein Tourist, der das seine zum Durchschnitt dazu tut. Ein Teil des Klischees. Haben wir nicht alle unsere Schwächen? Deshalb ist es gleichgültig, ob ich mich fremdgeschämt oder selbst geeitelt habe mit einem der aktuellen Trends unter Travellern: ein T-Shirt der lokalen Biermarke (egal ob Gallo in Guatemala, Kunstmann in Chile oder Chang in Thailand), ein mittelgroßes Tattoo auf Oberarm oder Nacken (von Rose oder Delphin bis Superman-Logo alles möglich), eine Billabong-Shorts, die - wie alle anderen Hosen auch -  den oberen Rand der Unterhose frei lassen sollte - auf dass man den Markennamen noch lesen kann (beliebig von Björn Borg bis Calvin Klein). Ach ja, und dann diese Hüte in den Stilrichtungen Fedora, Borsalino und Co, auch sie inzwischen ein ganz großer Renner...

Riecht nicht gut: Gewässer in Patong.
Was das alles mit Patong Beach zu tun hat? Gar nichts. Das war gerade nur Schreiben als Selbsttherapie. Auf Phuket spielt ein völlig andere Liga. Die Touris dort blitzen sogar in den Sonnenuntergang und ihre Kameras piepsen noch bei jedem Tastendruck. Das würde einem Traveller nicht mal aus Versehen passieren. Was sonst noch so auf der Insel passiert, überlasse ich lieber den Kollegen von RTL, die können das besser.

Nur soviel noch: Für einen Touristenort dieser Dimension ist es erstaunlich, wie übel es riecht. Alle hundert Meter weht ein Odeur durchs Städtchen, das an Pestilenz und tote Katze erinnert. Offenbar stammt der Geruch aus den Kanälen, die den Ort durchziehen, ohne dass zu sagen wäre, ob es sich nur um verrohrte und vermüllte Bäche handelt oder um astreine Kloaken. Der Beliebtheit von Patong (3x Starbucks) hat es sichtlich keinen Abbruch getan. Na ja, was ein netter Schwiegersohn ist....

Freitag, 4. Februar 2011

Happy new year: Jimmy mag keine Chinesen

Der Kek Lok Si Tempel auf Penang ist einer der größten in Südost-Asien und wird zu Neujahr mit tausenden Lichtern bestückt.




Jimmy. So heißt er. Irgendwas zwischen 60 und 70. Chinese. Er mag keine Chinesen. Zumindest keine vom Festland. Die sind irgendwie schwer von Kapeh, meint er. Ich sitze auf dem Rücksitz seines Motorrollers, auf dem Weg zur thailändischen Botschaft, als er das Mädchen aus China trifft. Sie wollte in seinem Hostel übernachten. Doch sie hat nicht verstanden, was er ihr gesagt hat. Sie war nicht "at twelve" da, wie angesagt, sondern zu spät. Sie greint, weil sie jetzt - am chinesischen Neujahr - keine Unterkunft hat. Und das ist übel.

Zwar gibt es auf der Insel Penang nur wenige Internationale Touristen, aber dafür umso mehr einheimische. Zum Jahreswechsel haben alle Malaysier ein paar Tage frei, gleich ob sie Moslems, Hindus oder Buddhisten sind. Alle Herbergen sind deshalb voll. Trotzdem bleibt Jimmy hartleibig. "I didn't know", äfft er sie nach, derweil sie noch in Hörweite ist. "What does she know anyway?" - und startet durch. 

Jimmy mag keine Festland-Chinesen.
Jimmy ist ein ganz spezieller Fall. Mit seinen Gästen spricht er gern mal im Kommandoton. Unpünktlichkeit kann er ebensowenig ausstehen wie Unordnung. "You are more german than me", will ich ihn foppen. Doch er ist bloß irritiert, nach Erklärung sogar etwas geschmeichelt. Nee, der Mann ist nicht verkehrt, Humor hat er auch. Aber manchen Gästen liegt die Art eben nicht. Und so ist das Internet voll von abschätzigen Kommentaren über "Rude Mr. Jimmy". "The owner made us feel uncomfortable", heißt es da. Oder: "No person owning a business should treat customers like that."

Die, die es bei ihm aushalten, bilden dafür fast schon eine kleine Familie. Eine, die ganz ohne die üblichen Traveller-Allüren auskommt. Die sind auf Penang, speziell in der Hauptstadt Georgetown, ohnehin fehl am Platze. Die von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärte Stadt (180 000 Einwohner) versprüht morbiden Charme, nicht nur wegen der vielen historischen Gebäude aus der britischen Kolonialzeit. Zwar verhungert hier niemand, doch viele Menschen leben in einfachen Verhältnissen, nach deutschen Kriterien in ärmlichen. Schwachheiten kann sich hier niemand erlauben. Malaysia ist immer noch ein Schwellenland.

Das sieht man auch Jimmys Herberge an. Das Love Lane Inn befindet sich in einem typischen Reihenhaus aus der Kolonialzeit. Ausstattung und Komfort sind rustikal. Die Preise auch. Für meine Einzelkabine zahle ich knapp sechs Euro die Nacht. Dafür gibts gratis Wifi, aber leider keine Steckdose... Das einzige Waschbecken im Erdgeschoss befindet sich im notdürftig überbauten Streifen zwischen diesem und dem Nachbarhaus. Die Gäste arrangieren sich.

Viel Rauch ums neue Jahr: Feier im Tempel.
Dafür erklärt uns Jimmy wie das chinesische Neujahrsfest funktioniert: Weshalb die Farben Rot und Gelb so wichtig sind, was es mit dem Löwentanz auf sich hat und dass in der Nacht zu Neujahr traditionell eigentlich gar nicht geknallt wird, sondern erst am ersten Abend des neuen Jahres. Dennoch reiße diese Unsitte immer mehr ein - wovon wir uns bei einem nächtlichen Spaziergang selbst überzeugen: Überall wird geböllert, in allen Farben platzen die Rakten. Die Hälfte der Menschen, die auf Penang leben, sind Chinesen...

Wie auch immer, ich mag den alten Kauz. Zur "deutsch-deutschen" Verbrüderung kommt es aber wohl nicht mehr: Schon in einer Stunde startet mein Shuttle Richtung Thailand...

Was sonst noch war


Babel grüßt Ich lerne zwei junge Männer aus dem bettelarmen Myanmar kennen. Einer der beiden, Liu, will in zwei Jahren dort heiraten. Derweil die schon vorhandene Braut auf ihn wartet, verdient der 21-Jährige vorher noch das Startkapital in Malaysia. Er und sein Freund haben sich als Kellner im Little Cottage Café an der Gottlieb Road verdingt, das auf der Visitenkarte "Western & Italian Cuisine" anpreist. Nette Kerle, allerdings sprechen sie Englisch nur ansatzweise, was die Kommunikation erschwert. Interessanterweise kann sich Liu mit Malayen scheinbar mühelos verständigen. Als er mal wieder mit einem Händler plauscht, höre ich ganz genau hin - und verstehe kein Wort. Sollten Malaiisch und Birmanisch etwa zur selben Sprachfamilie gehören? Auf diese Frage schaut er mich mit großen Augen verwundert an: Natürlich nicht, er habe sich auf Englisch unterhalten. Ob ich das denn nicht bemerkt hätte...

Der vollbesetzte Bus steht an der Tanke, der Fahrer raucht.
Explosiver Nahverkehr Explosiv geht es im lokalen Linienverkehr von Georgetown zu. Denn wenn der Brennstoff zu Ende ist, bitten die Busfahrer zum Gratis-Ausflug zur Tankstelle - die nicht zwingend am Wegesrand liegen muss. Das kann auch gerne ein zehnminütiger Umweg werden. Und zwar inklusiver aller Fahrgäste! Allein dass der vollbesetzte Bus dann mit laufendem Motor aufgetankt wird, wäre anderswo undenkbar. Unseren Fahrer freilich ficht das nicht an, er steht neben der Zapfsäule und raucht sich erstmal eine...

Die Hasen schlagen zurück Wahrscheinlich hätte ich mich nicht so hässlich über all die China-Hasen zu Neujahr äußern sollen. Denn jetzt schlagen die Viecher zurück. Das Jahr des Hasen soll kein gutes für mich werden. Sagt jedenfalls mein Jahreshoroskop in der örtlichen Zeitung von Georgetown. Auszüge: "A bad year with no auspicious stars at all but only a violent star which will affect you negatively. Your luck is like a roller coaster. (...) You have poor money luck. (...) You will be inflicted with illness. (...) You are likely to develop negative energy and will get moody easily." Hm, eigentlich finde ich Hasen total dufte!

Die Innenstadt von Georgetown ist Unesco-Weltkulturerbe.