Sonntag, 17. April 2011

Freak-City

Gute Laune ohne Lärm: Silent Disco in Seoul.
Die meisten Kaffeeshops. Das schnellste Internet. Die höchste Lebenserwartung. Handys mit ausziehbarer Antenne für Fernsehempfang. Und jede Menge Freaks. So lerne ich Seoul kennen.

Erwarten Sie nix! Mit dieser Einstellung kam ich an. Nach Japan wollte ich. Stattdessen bin ich in Süd-Korea. Gibts hier was? Jedenfalls kaum internationalen Tourismus, in Ermangelung irgendwelcher Highlights. Stattdessen mit Seoul die zweitgrößte Agglomeration der Welt (22 Millionen) - nach Tokio. Das bedeutet: Wohnsilos, wie ich sie in dieser Dichte nicht einmal in China gesehen habe. Au weia!

Und dann das: Tanzende Menschen. Es sind mehrere Dutzend. Und dabei ist es ganz still. Die jungen Leute tragen Kopfhörer, an denen jeweils ein blauer oder gelber Luftballon befestigt ist. Alle tanzen im gleichen Rhythmus, offenbar kommt aus jedem Hörer dieselbe Musik. Das ist die leiseste Tanz-Veranstaltung, die ich je gesehen - beziehungsweise nicht gehört habe!

Es ist Samstagabend, gegen zehn Uhr. Ein kleiner öffentlicher Platz im Vergnügungs-Viertel nahe der Hongik-Uni. "Silent-Disco" nennt sich die Angelegenheit. Ganz in der Nähe gibt es weitere Belustigungen für Nachtschwärmer. Eine Gruppe von Twens trommelt, andere tanzen wild dazu. Eine Ecke weiter versuchen sich koreanische Laien-Rapper.

Aug' in Aug': Mieze und ihr Besuch.
Das Ganze bildet die Kulisse für die Amüsierlustigen vom Wochenende. Viele junge Leute. Und eine Freak-Parade. Da sind: Der Anfang-20-jährige Koreaner mit blond gefärbten Mozartlocken (echt!!!), der etwa 50-jährige Verkäufer am China-Trödel-Stand mit buntem Irokesen (nicht echt!!!). Er plaudert mit einem geichaltrigen Mann mit verfilzten Rasta-Locken (echt!!!). Der wiederum zieht ab mit einer schrillen-gekleideten Lady, ebenfalls fortgeschrittene Generation, die eine Art Turban trägt und jede Menge wallender bunter Tücher (echt schrill!).

Später lasse ich mir sagen, der Koreaner "an sich" sei alles andere als freakig. Die Ansammlung an diesem Abend sei allein der Nähe zur Uni geschuldet. Tatsächlich aber finde ich in der Stadt auch sonst viel Erstaunliches. Zum Beispiel das Café Toms Cat. Das ist weniger ein Café und vielmehr eine Katzen-Herberge. Rund zwei Dutzend Stubentiger leben hier - zwischen Kaffeemaschinen, Tischen und Stühlen gibt es alles, was die Tiere brauchen.

Die Besucher sind Gäste in ihrem Reich, und meist nur wegen der Katzen gekommen. Es sind vor allem Mädchen und junge Frauen. Sie wollen mit den Tierchen spielen oder schmusen. Manche sind so enthusiastisch bei der Sache, dass ich mich zu fragen beginne, wieviele Miezen hier wohl schon totgekuschelt worden sind.

Und doch: Irgendwie beginnt mir die Stadt zu gefallen... 

WAS SONST NOCH WAR 

Hochwasser. Da ich schon mal bei plumpen Pauschalisierungen bin: Der Asisate "an sich" ist ja immer für die eine oder andere Modesünde gut. Nicht nur in farblicher Hinsicht... In Korea hat sich zudem offenbar ein besonders unvorteilhaft aussehender Trend durchgesetzt: Die jungen Herren krempeln ihre Beinkleider exakt so weit nach oben, dass sie aussehen wie Hochwasser-Hosen. Man möchte den Jungs Geld geben, neue zu kaufen!

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