Freitag, 25. März 2011

Reise-Alltag auf Chinesisch

Die Innenstadt von Suzhou ist durchzogen von dutzenden Kanälen.

Von drei Zetteln hängt alles ab. Auf dem ersten steht, dass ich zum nördlichen Busbahnhof will. Auf dem zweiten, dass ich ein Ticket nach Suzhou (sprich: Sutscho) benötige. Und auf dem dritten, dass ich zum Lohas Youth House gefahren werden möchte. So haben es mir die Mitarbeiter meiner Herberge in Hangzhou (sprich: Hantscho) aufgeschrieben. Soweit ist alles klar für meine Weiterreise per Bus und Taxi.

Sollte es aber eine Rückfrage geben, eine Unklarheit, irgendetwas Unvorhergesehens, dann ist Improvisieren angesagt. Oft kann man ich mich per Handzeichen verständigen. Erstaunlich, wie viel man allein mit den Händen sagen kann... Und zur Not muss ich eben nach jemandem suchen, der ein bisschen Englisch spricht. Vor allem die Jüngeren können fast immer ein paar Brocken. Reise-Alltag in China: Irgendwie kommt man doch immer ans Ziel.

Beim Essen ist es genauso. Wenn es keine englische Speisekarte gibt, zeige ich auf Bilder, die verschiedene Speisen zeigen - ob sie nun an der Wand hängen oder in einer chinesisch-sprachigen Speisekarte abgebildet sind. Gibt es keine, kann man immer noch auf den Teller anderer Gäste zeigen. Hat zwar manchmal was von Lotterie, aber um Katze und Hund bin ich bis jetzt noch herumgekommen. Glaube ich jedenfalls... 

Bier gibt's auf das Zauberwort Tsingtao (sprich: Dschingdao) hin. Das ist der Name einer chinesischen Küsten-Stadt, früher von Deutschen besetzt, die dort eine Brauerei gegründet haben. Das Bier ist heute die bekannteste Marke in China.

Merke: Am Ende klappt doch fast alles. Solange man die Hotel-Adresse auf Chinesisch dabei hat, kann eigentlich nichts Grundlegendes schieflaufen. Klar, mehrmals habe ich mich schon verlaufen, weil es gerade mal keine Straßenschilder gab. Aber mit ein wenig Abenteuerlust und Improvisationstalent kommt man im Reich der Mitte erstaunlich gut durch. Und da in den Innenstädten auch immer ein Starbucks in der Nähe ist, sind die Nerven gegebenenfalls auch schnell wieder beruhigt.

Trotzdem lassen sich viele Touristen offenbar von den Sprachproblemen abschrecken, auch in Suzhou sehe ich fast keinen Europäer, Amerikaner sowieso nicht. Ein Jammer, denn auch diese Stadt ist ausgesprochen hübsch. Durchzogen von dutzenden Kanälen, wird es das Venedig Chinas genannt. Es gibt mehrere wunderschön hergerichtete Bereiche. Mit einem Mix aus Cafes und Restaurants in europäischem Stil, chinesischen Kreativ-Betrieben und heimeliger Beleuchtung in der Nacht. Wahrhaft zauberhaft!


Ich beginne mich zu fragen, weshalb Touristen überhaupt noch nach Thailand fahren, wenn sie doch auch nach China könnten. Günstig ist es hier ebenfalls, und es gibt so viel mehr zu sehen und zu erleben. Okay, Badeurlaub am Meer ist in dieser Gegend hier nicht drin... Trotzdem scheint mir China als Reise-Ziel noch völlig unterschätzt. Selbst dann, wenn man in der Fremde doch nur das Bekannte sucht.

WAS SONST NOCH WAR


Deutsch-Marx. Hitler. Oder irgendein Fußballer wie Beckenbauer oder Schweinsteiger. Das sind die Namen, die ich im fernen Ausland meist zu hören bekomme, wenn die Rede auf Deutschland kommt. Wobei Österreich stets eingemeindet wird. Oder muss man "eingereicht" sagen? (Sorry für den Kalauer, der musste!) Wie auch immer, eine neue Variante habe ich jetzt in China kennengelernt. Bei einem Plausch mit einem chinesischen Ehepaar auf einem Touristen-Boot wird mir erstmals Karl Marx als berühmter Deutscher serviert. Was ja irgendwie auch stimmt. Dass in der deutschen Wir-sind-stolz-drauf-Liste die Deutsch-Mark immer noch vor Deutsch-Marx rangiert, behalte ich bei dieser Gelegenheit allerdings für mich...


Der Tresen im Buchladen besteht aus Büchern.

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