Freitag, 4. Februar 2011

Happy new year: Jimmy mag keine Chinesen

Der Kek Lok Si Tempel auf Penang ist einer der größten in Südost-Asien und wird zu Neujahr mit tausenden Lichtern bestückt.




Jimmy. So heißt er. Irgendwas zwischen 60 und 70. Chinese. Er mag keine Chinesen. Zumindest keine vom Festland. Die sind irgendwie schwer von Kapeh, meint er. Ich sitze auf dem Rücksitz seines Motorrollers, auf dem Weg zur thailändischen Botschaft, als er das Mädchen aus China trifft. Sie wollte in seinem Hostel übernachten. Doch sie hat nicht verstanden, was er ihr gesagt hat. Sie war nicht "at twelve" da, wie angesagt, sondern zu spät. Sie greint, weil sie jetzt - am chinesischen Neujahr - keine Unterkunft hat. Und das ist übel.

Zwar gibt es auf der Insel Penang nur wenige Internationale Touristen, aber dafür umso mehr einheimische. Zum Jahreswechsel haben alle Malaysier ein paar Tage frei, gleich ob sie Moslems, Hindus oder Buddhisten sind. Alle Herbergen sind deshalb voll. Trotzdem bleibt Jimmy hartleibig. "I didn't know", äfft er sie nach, derweil sie noch in Hörweite ist. "What does she know anyway?" - und startet durch. 

Jimmy mag keine Festland-Chinesen.
Jimmy ist ein ganz spezieller Fall. Mit seinen Gästen spricht er gern mal im Kommandoton. Unpünktlichkeit kann er ebensowenig ausstehen wie Unordnung. "You are more german than me", will ich ihn foppen. Doch er ist bloß irritiert, nach Erklärung sogar etwas geschmeichelt. Nee, der Mann ist nicht verkehrt, Humor hat er auch. Aber manchen Gästen liegt die Art eben nicht. Und so ist das Internet voll von abschätzigen Kommentaren über "Rude Mr. Jimmy". "The owner made us feel uncomfortable", heißt es da. Oder: "No person owning a business should treat customers like that."

Die, die es bei ihm aushalten, bilden dafür fast schon eine kleine Familie. Eine, die ganz ohne die üblichen Traveller-Allüren auskommt. Die sind auf Penang, speziell in der Hauptstadt Georgetown, ohnehin fehl am Platze. Die von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärte Stadt (180 000 Einwohner) versprüht morbiden Charme, nicht nur wegen der vielen historischen Gebäude aus der britischen Kolonialzeit. Zwar verhungert hier niemand, doch viele Menschen leben in einfachen Verhältnissen, nach deutschen Kriterien in ärmlichen. Schwachheiten kann sich hier niemand erlauben. Malaysia ist immer noch ein Schwellenland.

Das sieht man auch Jimmys Herberge an. Das Love Lane Inn befindet sich in einem typischen Reihenhaus aus der Kolonialzeit. Ausstattung und Komfort sind rustikal. Die Preise auch. Für meine Einzelkabine zahle ich knapp sechs Euro die Nacht. Dafür gibts gratis Wifi, aber leider keine Steckdose... Das einzige Waschbecken im Erdgeschoss befindet sich im notdürftig überbauten Streifen zwischen diesem und dem Nachbarhaus. Die Gäste arrangieren sich.

Viel Rauch ums neue Jahr: Feier im Tempel.
Dafür erklärt uns Jimmy wie das chinesische Neujahrsfest funktioniert: Weshalb die Farben Rot und Gelb so wichtig sind, was es mit dem Löwentanz auf sich hat und dass in der Nacht zu Neujahr traditionell eigentlich gar nicht geknallt wird, sondern erst am ersten Abend des neuen Jahres. Dennoch reiße diese Unsitte immer mehr ein - wovon wir uns bei einem nächtlichen Spaziergang selbst überzeugen: Überall wird geböllert, in allen Farben platzen die Rakten. Die Hälfte der Menschen, die auf Penang leben, sind Chinesen...

Wie auch immer, ich mag den alten Kauz. Zur "deutsch-deutschen" Verbrüderung kommt es aber wohl nicht mehr: Schon in einer Stunde startet mein Shuttle Richtung Thailand...

Was sonst noch war


Babel grüßt Ich lerne zwei junge Männer aus dem bettelarmen Myanmar kennen. Einer der beiden, Liu, will in zwei Jahren dort heiraten. Derweil die schon vorhandene Braut auf ihn wartet, verdient der 21-Jährige vorher noch das Startkapital in Malaysia. Er und sein Freund haben sich als Kellner im Little Cottage Café an der Gottlieb Road verdingt, das auf der Visitenkarte "Western & Italian Cuisine" anpreist. Nette Kerle, allerdings sprechen sie Englisch nur ansatzweise, was die Kommunikation erschwert. Interessanterweise kann sich Liu mit Malayen scheinbar mühelos verständigen. Als er mal wieder mit einem Händler plauscht, höre ich ganz genau hin - und verstehe kein Wort. Sollten Malaiisch und Birmanisch etwa zur selben Sprachfamilie gehören? Auf diese Frage schaut er mich mit großen Augen verwundert an: Natürlich nicht, er habe sich auf Englisch unterhalten. Ob ich das denn nicht bemerkt hätte...

Der vollbesetzte Bus steht an der Tanke, der Fahrer raucht.
Explosiver Nahverkehr Explosiv geht es im lokalen Linienverkehr von Georgetown zu. Denn wenn der Brennstoff zu Ende ist, bitten die Busfahrer zum Gratis-Ausflug zur Tankstelle - die nicht zwingend am Wegesrand liegen muss. Das kann auch gerne ein zehnminütiger Umweg werden. Und zwar inklusiver aller Fahrgäste! Allein dass der vollbesetzte Bus dann mit laufendem Motor aufgetankt wird, wäre anderswo undenkbar. Unseren Fahrer freilich ficht das nicht an, er steht neben der Zapfsäule und raucht sich erstmal eine...

Die Hasen schlagen zurück Wahrscheinlich hätte ich mich nicht so hässlich über all die China-Hasen zu Neujahr äußern sollen. Denn jetzt schlagen die Viecher zurück. Das Jahr des Hasen soll kein gutes für mich werden. Sagt jedenfalls mein Jahreshoroskop in der örtlichen Zeitung von Georgetown. Auszüge: "A bad year with no auspicious stars at all but only a violent star which will affect you negatively. Your luck is like a roller coaster. (...) You have poor money luck. (...) You will be inflicted with illness. (...) You are likely to develop negative energy and will get moody easily." Hm, eigentlich finde ich Hasen total dufte!

Die Innenstadt von Georgetown ist Unesco-Weltkulturerbe.

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