Mittwoch, 22. Dezember 2010

Neuseeland: Auf dem Sprung

Auf der Suche nach Adrenalin: Touristen springen vom Fernsehturm in Auckland.
So gehört sich das für eine ehemalige britische Kolonie: Neuseelands Geschichte und Gegenwart sind voller skurriler Begebenheiten und unerwarteter Details. Das fängt schon mit den Kiwifrüchten an. Die stammen nämlich aus China, und der größte Produzent der Welt, noch vor China, ist - Italien. Und wer wusste schon, dass Friedensreich Hundertwasser in der 1400-Seelen-Gemeinde Kawakawa eine öffentliche Toilettenanlage hinterlassen hat? Architektur, die erleichtert.

Bemerkenswert ist auch, wie sich die Briten in Besitz des Landes brachten. Die Gegend um die Hauptstadt Wellington etwa räumten die ansässigen Maori angeblich im Tausch gegen 100 Musketen, 100 Decken, 60 rote Nachtmützen und ein Dutzend Regenschirme. Das auf diese Weise erworbene Land vermehrte sich 1855 auf ungewöhnliche Weise: Bei einem Erdbeben wurde der Boden um bis zu sechs Meter angehoben, im Hafenbereich immer noch um gut zwei Meter. Das bedeutete 250 Meter Landgewinn, er wurde zum Bau des Stadtzentrums genutzt.

Vielleicht ist es diese Tradition des leicht Abwegigen, der dazu geführt hat, dass Neuseeland heute eine Nation auf dem Sprung ist. Auf meiner bisherigen Reise hatte ich ja den Eindruck, dass es die Australier sind, die sich furchtlos überall hinunter stürzen müssen und auch sonst keinem Adrenalinkick aus dem Weg gehen. Seit ich hier bin, weiß ich, dass sie von den Kiwis noch in den Schatten gestellt werden. Man könnte glauben, das ganze Land sei ein einziger Abenteuerspielplatz.

Adrett und nett: Wellington
Das fängt schon in Auckland an, wo die meisten internationalen Touristen ankommen. Hier kann man sich vom größten Fernsehturm der südlichen Hemisphäre stürzen. Oder wahlweise einfach oben auf der Plattform spazieren gehen. Draußen, direkt am Rand natürlich.

Und solche Angebote ziehen sich quer durchs Land: Bungee jumping, quad bikes und heli hikes gehören zum Standardprogramm. Und dann gibt es noch Neu-Erfindungen wie die so genannten Jet Boats, in denen 20 Touristen 30 Minuten über das Wasser geschleudert werden. O-Ton: "You'll thrill to the experience of travelling across just centimetres of water or rotating through a 360° spin, famous features of the amazing jetboat technology, first invented in New Zealand!" Hauptstadt des Adrenalins ist Queenstown, wo angeblich das Bungee jumping erfunden wurde. Auf der Homepage http://www.queenstown.com gibt es sogar eine Top 3-Hitliste mit den aktuell beliebtesten Extremsportarten. Zurzeit vorne: der Shotover Jet.

Das lockt Rucksack-Touristen, das füllt die Kassen. Ausgerechnet in einer Nation, die ansonsten eher ruhig und adrett erscheint. Die ehemalige Kolonie wirkt wie alle Zöglinge, die niemals rebelliert haben -  ein bisschen langweilig. Die Städte sind klein und haben nicht sonderlich viel zu bieten. Das gilt auch für die Hauptstadt Wellington, wo ich gerade bin.

Der größte Trumpf Neuseelands ist aber ohnehin die Natur. Denn nirgendwo sonst gibt es Berge, Fjorde, Regenwald und so viele verschiedene Klimazonen derart dicht beisammen. Deshalb will ich morgen auf die Südinsel, auf der Suche nach Natur pur. Dann wollen wir mal sehen, ob Neuseeland auch noch spannend ist, wenn man sich nicht irgendwo hinunter stürzen kann...

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