Samstag, 4. Dezember 2010

Fürs gute Glück

Häuser im deutschen Freilicht-Museum von Frutillar in Chile.
"Ich dachte mir schon, dass Sie wiederkommen! Die meisten kommen wieder." Franz (77) verkauft ein Stück vom Glück. Und zwar in Hufeisenform. Solche graviert er nach den Wünschen seiner Kunden. "Fürs gute Glück", verspricht ein Schild. Und weil jeder ein bisschen davon nötig hat, kaufen die Besucher reichlich - auch wenn sie manchmal ein bisschen Besinnungszeit brauchen. Aber Franz kann warten.

Auch ich habe erstmal abgewunken. Ein Hufeisen fünf Monate durch die Weltgeschichte schleppen, nein, dafür ist es definitiv zu schwer - und dran glauben tue ich schon gar nicht. Ich laufe längst durch andere Gebäude des deutschen Freiluft-Museums im chilenischen Frutillar, als mir einfällt, dass in meiner Familie bald eine Hochzeit ansteht. Und so ein Hufeisen aus Chile eigentlich ein nettes Mitbringsel ist...

Franz graviert Hufeisen fürs "gute Glück".
Also zurück in die historische Schmiede, wo Franz arbeitet. "Eine gute Entscheidung", meint er. "Das hilft Ihnen während der ganzen Reise." - "Aber das Hufeisen ist gar nicht für mich", wende ich ein. Doch das Argument gilt nicht: "Solange sie das Hufeisen bei sich haben, wirkt es auch für Sie!" Dann kann ja nichts mehr schief gehen...

Und Franz muss es wissen: Seit 1948 arbeitet er als Schmied. Mit 15 hat er das Handwerk von seinem Vater gelernt, 20 Jahre haben sie zusammen geschafft, seit 42 Jahren ist Franz allein am Werk - erzählt er mir auf Nachfrage. Dass er inzwischen mitsamt der Schmiede im Museum gelandet ist, dürfte wohl eine einzigartige Karriere sein.

Franz spricht übrigens perfekt Spanisch und Deutsch. Als Sohn deutscher Einwanderer ist er in dieser Gegend aufgewachsen. Als einer von vielen Deutschstämmigen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie gezielt angeworben. Sie bauten Häuser in deutscher Land-Architektur, gründeten Familien und deutsche Schulen. Viele Orte der Gegend um Osorno sehen heute noch deutsch aus, Frutillar vielleicht am deutlichsten. Sogar der spanische Wortschatz wurde hier um ein deutsches Wort bereichert: Kuchen!

Nach Osorno bin ich übrigens geflüchtet, weil sich in Pucon - meinem eigentlichen Ziel - das Wetter über Nacht deutlich verschlechtert hatte. An eine Besteigung des Vulkans Villarica war nicht zu denken. Also bin ich direkt weitergereist. Von hier aus geht's morgen weiter nach Bariloche in Argentinien. Mit einem Hufeisen und viel Glück im Gepäck!

PS: Wer wissen will, welche Reiseziele als Nächstes geplant sind, findet die Antwort in meiner Reisekarte.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen